Neuer Kulturstaatssekretär

Oper? Nur, wenn Party ist!

Der neue Kulturstaatssekretär Tim Renner (M) neben dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) und dem Senatssprecher Richard Meng (l)
Der neue Kulturstaatssekretär Tim Renner (M) neben dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) und dem Senatssprecher Richard Meng (l) © dpa / picture alliance / Inga Kjer
Von Verena Kemna · 27.02.2014
Pop-Papst und Talent-Förderer: Der Musikmanager Tim Renner hat sich in der Szene großes Ansehen erworben. Ob er auch Kulturpolitik kann, muss er nun in Berlin beweisen.
Der gebürtige Berliner Tim Renner ist schon von seinem äußeren Erscheinungsbild her eine ganz andere Persönlichkeit als sein Vorgänger Andre Schmitz, der zu jeder Gelegenheit wie aus dem Ei gepellt erschien und immer modisch gekleidet mit Hemd, Krawatte und Anzug auftrat. Tim Renner dagegen hat sich heute im Blitzlichtgewitter der Fotografen mit wuscheligen Haaren und Dreitagebart präsentiert. Der schmächtige 49-Jährige trägt schwarze Jeans und Sportschuhe, eine saloppe schwarze Jacke, ein blaues Hemd. So viel zu den Äußerlichkeiten.
Seine Meriten hat Tim Renner als erfolgreicher Unternehmer im Musikgeschäft erworben. So hat er beispielsweise die Plattenfirma "Motor Music" in den 90er-Jahren zu einem deutschen Vorzeigelabel ausgebaut. Er hat Bands wie "Element of Crime" und "Sportfreunde Stiller" bekannt gemacht. Auch "Rammstein" verdankt dem Musikexperten internationalen Ruhm.
Unternehmerische Qualitäten gefragt
Es sind die unternehmerischen Qualitäten im kreativen Bereich, mit denen der künftige Kulturstaatssekretär punkten soll, zumindest wenn es nach dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit geht, der ja außerdem das Amt des Kultursenators innehat. Als neuer Chef des neuen Kulturstaatssekretärs setzt Wowereit viel Hoffnung in Tim Renner:
"Tim Renner bringt viel für dieses Amt mit, vieles muss er sich allerdings auch noch erarbeiten. Es ist nicht nur leicht, aus dem privaten Bereich in den öffentlichen hineinzugehen. Da herrschen andere Marktbedingungen, da wird auch noch einiges zu lernen sein. Aber, keine Sorge, wir werden ihn kräftig dabei unterstützen."
Tim Renner, der seit November Mitglied der Sozialdemokraten ist, betitelt den Regierenden respektvoll als Chef. Der wiederum nimmt seinen Schützling bei der ersten Präsentation gleich aus der Schusslinie. Kniffelige Fragen nach Fördergeldern für die Kulturszene oder nach der Zukunft der alten Meister werden nicht beantwortet. Interviews im Anschluss an die Pressekonferenz werden abgelehnt mit der Begründung: Tim Renner beginnt sein Amt als Kulturstaatsekretär am 28. April, dann tagt der Kulturausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus, erst dann beginnt für Renner die Arbeit.
Zwischen Barenboim und Berghain
Bis dahin muss der noch eigene Firmengeschäfte ordnen, schließlich kam der Anruf des Regierenden Bürgermeisters für den Musikexperten und Professor an der Pop-Akademie Baden-Württemberg überraschend. Niemals hätte er sich ein solches Amt in seiner Vita vorstellen können, erklärt Renner. Verantwortung, Gestaltungsmöglichkeiten und der Respekt für das Amt reizen den künftigen Amtsträger. Sein Kulturbegriff umfasst alles zwischen Barenboim und Berghain:
"Wer mich kennt weiß, dass ich gar nicht trenne zwischen E und U. Im Gegenteil, ich finde das ist eine Diskriminierung für beide Seiten. Für mich ist die ernste Kultur sinnstiftend, erfrischend, aber nicht nur ernst. Genauso ist die unterhaltende Kultur für mich bei weitem nicht nur unterhaltend."
Erst kommen die Clubs, dann die hippe Szene, später die Immobilienspekulanten. In der sich ständig verändernden Hauptstadt Berlin sieht Tim Renner vor allem das kreative Potential als Attraktion und Wirtschaftsmotor. Die kreative Szene soll von seinem Know-how als erfolgreicher Unternehmer profitieren. Schließlich hat der in der Szene als Pop-Papst bekannte Renner mit "Motor Entertainment" selbst eine erfolgreiche Firmengruppe aufgebaut:
"Die Kreativen und Kulturschaffenden in dieser Stadt sind der Rohstoff, von dem wir leben. Sie sind der Grund, weshalb die Touristen kommen, die uns Wachstum bescheren. Sie sind der Grund, weshalb wir attraktiv sind und die besten Leute für Start-ups finden. Sie sind der Grund, weshalb die Berliner stolz sein können auf ihre Stadt, weshalb die Berliner eine Stadt haben, die lebenswert ist und die sich ständig weiterentwickelt."
Fest steht, die freie Szene jubelt über den neuen Mann an ihrer Seite. Fest steht auch, dass Oper- und Theaterbesuche bisher eher selten auf Renners Terminkalender standen. Er selbst macht jedenfalls keinen Unterschied zwischen Hochkultur und Unterhaltungskultur. Wie er sich in der Berliner Opern- und Theaterszene einführen wird, darauf sind alle in Berlin gespannt.
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