Neue Wege in der Liturgie

Von Mechthild Klein · 16.05.2009
Die evangelisch-lutherische St. Jakobi-Kirche in Hamburg hat nicht nur den ersten Pilgerpastor der Stadt. Seit 18 Jahren feiert hier jede Woche ein kleiner, beständiger Kreis eine Pilgervesper. Das Besondere an dem gesungenen Gottesdienst: Hier finden sich Liturgieelemente und Lieder aus allen christlichen Traditionen wieder.
Die evangelische St. Jakobikirche in Hamburg ist dafür bekannt, dass sie die größte noch erhaltene Orgel von Arp Schnitger in Norddeutschland beherbergt. Doch so eine exotische Mischung mit Liedern aus Syrien oder Spanien, wie sie in der Pilgervesper vorkommt, erwartet wohl keiner, der zufällig am Donnerstagabend in die Kirche reinschaut. Dann füllt sich der Chorraum, Noten werden verteilt und die eineinhalbstündige Vesper beginnt.

Kerzen brennen. Später wird auch die Osterkerze angezündet. Das kommt aus der katholischen Tradition. Denn der Spanier José Ramon Moran, der diese ökumenische Pilgervesper leitet, hat dorthin besondere Verbindungen. Er war einst Dominikanermönch. Nachdem er aus dem Kloster ausgetreten ist, hat ihn die Idee der Pilgerschaft nicht mehr losgelassen.

"Ich bin gekommen als Pilger, weil seit fast 30 Jahre ich pilgere durch Europa. Ich war im Dominikanerkloster bis 25 Jahre und dann bin ich durch Frankreich, Italien, Schweiz, Griechenland, Orient, Italien und da hatte mir eine Deutsche gebracht nach Hamburg. - Seit 18 Jahren. – Und da gestalte ich diese Gottesdienste. Deswegen benenne ich das Pilgerliturgie, weil ist eine Sammlung von Blumen und schöne Stücke, was ich auf meinem Pilgerweg gesammelt habe."

Der Sänger und Künstler José Ramon Moran will in der Vesper die Menschen auf ihrem Lebensweg als Pilger ansprechen.

"Christus sagt uns, seid Wanderer. Er war derjenige, der hatte keine Zuhause. Er war immer ein Pilger sozusagen. Und ich sage auch, das ist für uns die große Inhalt der Vesper. Gott ist der erste Pilger, weil er hat seine Olympus-Bereich gelassen und ist Mensch, Kleinkind geworden. Das ist die erste Pilgertum, was überhaupt wir kennen."
Auf seinen Pilgerreisen hat Moran viel Liedgut gesammelt. Arabische christliche Gesänge aus dem Libanon singt er in der Vesper …

"Oder aus Griechenland, wo ich eine Zeitlang studiert mit große Kantoren, byzantinische Kantoren. Oder ein Kyrie aus Atos A ... aus Russland, Elemente ich hatte gelernt bei Volkstänze. … aber ich mag sehr gerne die slawische Liturgie und deswegen in unsere Pilgerliturgie finden viele Lieder aus die östliche, slawische Tradition."
In der Pilgervesper schwenkt der evangelische Pastor vor dem Abendmahl ein Weihrauch-Fass. Eine Handlung, die bei neuen Besuchern manchmal für Verwirrung sorgt.

"Das erste, was sagen die Leute, ist in eine evangelische Kirche, fragen sich, ob wir sind Katholik. Weil in die Vorstellung von viele Leute, das kommt aus die katholische Kirche – ist nicht wahr. Wenn sie gehen in eine syrische, orthodoxe, koptische – also aus Ägypten – Gottesdienst von Anfang bis Ende immer permanent Weihrauch, Weihrauch. Und na gut, man kann lange sich unterhalten und die Bedeutung die Bibelstelle, warum kommt Weihrauch? Ich würde sagen nur so, dass Gott macht uns riechen. Und ein Gottesdienst muss sinnlich sein."
Dieses ökumenische Liturgie-Projekt mit Elementen aus allen christlichen Traditionen ist wohl einmalig in Deutschland. Und vermutlich werden in keiner evangelischen Kirche mit so viel Inbrunst die vielen mittelalterlichen Marienlieder gesungen, die seinerzeit zum Pilger-Liedgut gehörten. Aber das stört die Besucher nicht. Im Gegenteil, viele schätzen die Offenheit dieser Gruppe und manche berichten auch von ganz neuen Erfahrungen durch die Liturgie.

"Ich bin nicht musikalisch und bin im Laufe der Vesper musikalisch geworden. Also zu meinem eigenen Erstaunen. Weil ich kann besser hören, seitdem. Also es wird sensibler mein Gehör und dadurch auch meine Stimme."

Auch manche Elemente aus den anderen christlichen Traditionen, etwa die Kerzen aus der katholischen Lichtfeier, dem Luzernarium, werden neu gewürdigt.

"Für mich ist das viele Licht auch besonders, weil ich im Winter hier bin, dass ich nicht nur äußerlich das Licht sehe, sondern dass es mich innerlich wärmt und hell macht. Ich merk auch dass es mich freundlicher macht. Das Sehen und Schauen ist auch ganz wichtig. Also wir sehen den goldenen Altar, den Jakobi-Altar, der auch durch die vielen Kerzen immer leuchtender wird. Das ist für mich auch ein Fest so."

"Ist ganz neu gemacht, aber mit alte Elemente. So wie Mosaiken, ausgegraben. Die Osterliturgie besteht ganz am Anfang, die Oster-Benedeiung, das Licht-Segnung. Und aus diesem Kerzenlicht springen hervor unsere ganzen Lichter."

José Moran hat alle großen christlichen Traditionen kennen gelernt und ihre Gottesdienste mitgefeiert. Für ihn, den ewigen Pilger, gibt es kein endgültiges spirituelles Zuhause, nur noch ein Einlassen und Unterwegs sein.