Neue Theorie in der Klimakunde

25.02.2008
Das Buch "Sterne steuern unser Klima - Eine neue Theorie der Erderwärmung" setzt auf einen neuen Ansatz in der Klimakunde. Glaubt man den Autoren, dann steuert nur die Sonne das Klima auf der Erde.
Aus dem All prasseln ständig energiereiche Teilchen in die Erdatmosphäre. Diese kosmische Strahlung lässt, so behaupten Henrik Svensmark und Nigel Calder, in der unteren Atmosphäre Wassertröpfchen kondensieren, die sich zu großen Wolken ballen. Wolken sind für die Autoren der Motor unseres Klimas: Denn Wolken reflektieren den größten Teil des auf sie treffenden Sonnenlichts zurück in den Weltraum. Gibt es viele Wolken, wird es auf der Erde kälter. Nimmt der Bedeckungsgrad ab, erwärmt sich unser Planet.

Das Buch "Sterne steuern unser Klima - Eine neue Theorie der Erderwärmung" setzt auf einen radikal neuen Ansatz in der Klimakunde. Glaubt man den Autoren, dann steuert allein die Sonne das Klima auf der Erde: Ist die Sonne magnetisch sehr aktiv, so spannt sie eine Art Schutzschirm über die Erde und hält die meisten komischen Teilchen fern. Dann gibt es weniger Wolken und damit wird es auf der Erde heißer. Nimmt die magnetische Stärke der Sonne dagegen ab, so gelangt viel kosmische Strahlung in die Erdatmosphäre. Es entstehen viele Wolken und das Erdklima kühlt sich ab.

Henrik Svensmark ist Physiker und leitet das Zentrum für Sonnen-und-Klima-Forschung am dänischen Weltrauminstitut in Kopenhagen. Co-Autor Nigel Calder ist ein britischer Wissenschaftsjournalist, der Svensmarks Ideen zu Papier gebracht hat. Svensmarks These ist in der Fachwelt umstritten, um es noch vorsichtig zu formulieren. In Zeiten, in denen auch die Wissenschaften von Political Correctness dominiert sind, muss das allein noch kein Makel sein.

Doch Svensmarks Argumentation steht auf tönernen Füßen. Vom Kohlendioxid als Treibhausgas will der Däne nichts wissen. Er behauptet einfach, allein die Sonne steuere den Strom der kosmischen Teilchen, der wiederum unser Klima bestimme. Doch so einfach, wie Svensmark behauptet, ist seine Theorie nicht. Er muss sich ziemlich verrenken: Es komme nur auf die Wolken in den tieferen Schichten an, manche Diskrepanzen zwischen Sonnenaktivität und Klima erklärt er mit arg komplizierten Zusammenhängen. Warum Wasserdampf angeblich nur an den himmlischen Teilchen kondensiert, warum vermeintlich keinerlei auf den Menschen zurückgehende Phänomene existieren und warum Kohlendioxid überhaupt keine Rolle spielen soll, kann er nicht schlüssig erklären.

Nigel Calder hat das Buch in einem phasenweise geradezu schwärmerischen Ton verfasst. Er erzählt von sich mal in Ich-Form, mal in der dritten Person. Beim Ringen der Wissenschaftler mit den Geheimnissen des Klimas war er immer nah dran – vielleicht zu nah. Sehr ausführlich schildert er die Anfeindungen, denen Henrik Svensmark wegen der ungewöhnlichen Thesen ausgesetzt war und ist. Zum Teil klingt etwas Bunkermentalität aus den Zeilen: Wir Guten hier drinnen, die bösen etablierten Klimaforscher da draußen.

Das ist schade. Denn Svensmark und Calder weisen durchaus auf Schwächen der heute allgemein akzeptierten Klimamodelle hin: Wie Wolken entstehen und welche Rolle sie genau für das Klima spielen, ist in der Tat bisher weitestgehend unbekannt. Selbst die besten Klimamodelle können das Verhalten von Wolken nicht gut beschreiben. Ebenso scheint die Sonne zumindest einen gewissen Einfluss auf das Klima zu haben. Doch der genaue Prozess ist noch nicht verstanden.

Das Buch schildert einige interessante Fakten auf der Erde und im All. Beim Lesen erfährt man viel über bemerkenswerte Funde im Eis und auf dem Ozeanboden. Doch die sehr einseitigen Schlussfolgerungen darf man keineswegs für bare Münze nehmen.

Rezensiert von Dirk Lorenzen

Henrik Svensmark / Nigel Calder: Sterne steuern unser Klima
Aus dem Englischen von Helmut Böttiger
Patmos 2008
251 Seiten, 24,90 Euro