Neue Alben

Sanft kämpferischer Soul von Solange

Die US-amerikanische Sängerin und Schauspielerin Solange Knowles kommt am 23.2.2013 zur Vanity Fair Oscar-Party in Hollywood, Kalifornien, USA.
Die US-amerikanische Sängerin und Schauspielerin Solange Knowles ist die jüngere Schwester von Beyoncé. © picture alliance / dpa / Nina Prommer
Von Jutta Petermann · 18.11.2016
Für schwarze Selbstbestätigung und Wertschätzung: Das Album "A Seat at the Table" von Solange Knowles ist der Versuch einer sanften Revolution. "I Own You" des irischen Folkmusikers Mick Flannery und "Je Dis Oui" der Easy-Listening Combo Pink Martini stehen auch neu in den Plattenregalen.
Was muss man von den Neuveröffentlichungen dieser Woche gehört haben und was nicht? Jutta Petermann ist auf krampfhafte Verpoppung gestoßen, eine ausgelutschte Easy-Listening Masche und auf eine Frau, die mithilfe ihrer Musik ganz sanft aber mit Nachdruck kämpft.

Solange – "A Seat at the Table"

Das Album " A Seat at the Table" ist der Versuch einer sanften Revolution. Solange Knowles, jüngere Schwester von Beyoncé Knowles, vermeidet darauf jede aggressive Note. Wut und Verzweiflung schwarzer US-Bürger darüber, dass sie in der US-amerikanischen Gesellschaft nicht mit am Tisch sitzen dürfen, fanden schon zur Genüge Widerhall in den Songs anderer Künstler, unter anderem ihrer Schwester. Die 30-Jährige setzt deshalb auf emotionalen Zugang zu menschlichen Schicksalen.
Betont innerlich sind ihre Texte über Gefühle wie Verlorenheit, den Wunsch anders zu sein, über ihre Ängste. Betont persönlich die Erzählungen ihrer Eltern über ihre Erfahrungen mit Rassismus. Solange streut diese Testimonials zwischen ihre minimalistischen Elektro R'n'B, Psychedelic Soul- und -Funk-Songs ein. Es geht auf "A Seat at the Table" um schwarze Selbstbestätigung und Wertschätzung. Eingerahmt in einen dezent-avantgardistischen Sound. Es ist ein Album, das zudem versucht den Teufelskreis aus Gewalt, Wut und Aggression zu sprengen. Aber ich fürchte, es ist einfach zu klug für all diejenigen, die auch heute noch denken, die Hautfarbe entscheide über den Wert eines Menschen.

Mick Flannery – "I Own You"

Des Folk-Freunds Lieblings-Ire dürfte seit einiger Zeit Mick Flannery sein. Der ist normalerweise ein Großmeister der hochemotionalen Akustik-Ballade. Das beweist er auf Album Nummer fünf "I Own You" mit Songs wie "Plan" oder "Any old Song". Nur nutzt der 33-Jährige darauf erstmals auch poppigere Elemente, wenn auch düstere. Absolut hoch anzurechnen ist Mick Flannery, das er sich von seinen früher meist introspektiven Songs hin entwickelt hat zu sozial bewussteren Themen. Im Titelstück "I Own You" kommentiert er die Schießwut US-amerikanischer Polizisten auf schwarze US-Bürger ganz im Sinne von Solange.
Aber es ist dennoch ein Album, das mich gespalten zurücklässt. Ich schätze Experimentierfreude, aber nicht alles, was im Studio mal ausprobiert wurde, muss auch ans Licht der Öffentlichkeit. Ein Beispiel dafür ist der Song "One of the Good Ones". Der Dance-Charakter kommt hier derart angestrengt rüber, dass man sich ein bisschen fremd schämt. Und Mick Flannery lag auf "I Own You" noch bei einigen weiteren Entscheidungen für die Arrangements seiner Songs leider voll daneben.

Pink Martini – "Je Dis Oui"

Ganz geschmackvoll dagegen, es war nicht anders zu erwarten, arrangiert die Easy-Listening Combo Pink Martini ihre neuen Songs auf "Je Dis Oui" dem neunten Album der Band aus Portland - viele wieder Cover bekannter Stücke. "Je Dis Oui" ist eine Weltumarmung, gesungen in acht Sprachen: darunter Arabisch und Türkisch, Farsi oder auch Xhosa.
Das ist alles so hübsch Big-Band loungig aufgemacht, so gut gemeint völkerverständigend, so niedlich ironisch 30er-, 40er-, 50er-Jahre-Schlager, dass man es kaum aushält, die 15 Tracks ganz durchzuhören. Einige schöne Songs finden sich zwar darunter, in der Summe ist das alles aber nervenschädigend. Und wer braucht überhaupt eine x-te Coverversion von Miriam Makebas "Pata Pata", die dem Song nichts Neues entlockt?
Ich komme jetzt zwar inkonsequent im Urteil rüber, aber was Mick Flannery zu viel an Experimentierfreude an den Tag legt, das fehlt bei Pink Martini. Wer sagt den Portländern eigentlich mal, dass die Big-Band-Lounge-Easy-Listening-Masche schon sehr lange ausgelutscht ist?
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