Neue Alben

Rocklegende Graham Nash besingt gescheiterte Ehe

Rockmusiker Graham Nash, 2011 auf einem Benefiz-Konzert in Tucson, USA
Rockmusiker Graham Nash © picture alliance / dpa / Gary Williams
Von Oliver Schwesig · 15.04.2016
PJ Harvey ist auf "The hope six demolition project" als musikalische Journalistin unterwegs. Sängerin Mine singt Deutsch-Pop - so fein getextet wie schon der Titel "Das Ziel ist im Weg". Dan Graham wiederum wird auf "This path tonight" persönlich - und klingt trotzdem leblos.
PJ Harvey ist wieder auf einer Mission. Auf ihrem letzten Album "Let England shake" hat sie die Geschichte, die Kriege und Fehltritte ihrer Heimat England vertont. Für die neue Platte mit dem etwas umständlichen Titel "The hope six demolition project" schaltete sie noch einen Gang höher und wird nun global. Polly Jean Harvey berichtet von den Folgen der Ressourcen-Kriege und der Globalisierung unserer Tage.
Ganz recht, wir erleben PJ Harvey als musikalische Journalistin in Krisengebieten. Vom Kosovo über Afghanistan bis zu den Sozialbauten in Washington – PJ Harvey besuchte diese Orte und berichtet. Dementsprechend bevölkern ihre neuen Songs verängstigte Kinder, einsame Mütter und die von der modernen Gesellschaft Abgehängten. "Dislocated people" nennt sie sie – die verrenkten Menschen. Ein nobles aktuelles Thema, über das man noch viel reden könnte.
Aber was passiert eigentlich musikalisch? PJ Harvey spielt ihren gewohnten schroffen Blues-Gospel-Rock, der sicherlich der Sache des Albums dient. Aber für sich genommen, klingt die Musik in meinen Ohren manchmal doch etwas zu abgestanden und schlapp.

Mine hat eine Stimme wie ein Bergsee

Ich gebe zu, mit deutschsprachigem stehe ich immer ein bisschen auf Kriegsfuß. Will sagen, wenn es dann mal was deutschsprachiges gibt, das mich begeistert – dann ist es wirklich was besonderes. Wie diese junge Sängerin aus Mainz: Mine und ihr Album mit dem großartigen Titel "Das Ziel ist im Weg". Jasmin Stocker, alias Mine hat Musik studiert und war auf der berühmten Popakademie Mannheim. Diese Ausbildung hat gute Spuren hinterlassen in ihrer Musik. Sie schnitzt einen wirklich neuen Deutsch-Pop, der kongenial solche Sachen wie R&B und das Kirchenlied vereint.
Mine beleuchtet mit fein geschnittenen Zeilen das Innen und Außen einer Beziehung und stellt exemplarisch die Fragen, die ihre Generation der Millennials ans Leben hat.
Und das ist das Geniale an dieser Frau. Es ist das komplette Gegenteil der albernen Deutschpoeten die glauben, mit drei Akkorden und nachdenklichem Gucken großen Pop zu machen. Und singen können die schon gar nicht. Ganz im Gegenteil zu Mine. Eine Stimme wie ein Bergsee: sauber, kühl und klar. Mine – ich knie nieder!

Nash mit leblosem Singer-Songwriter-Pop

Das mit der Majestätsbeleidigung ist ja immer eine heikle Sache – gerade dieser Tage merken wir das ja. Aber ich tue mich schwer mit der neuen Platte von Graham Nash "This path tonight". Und deshalb, lieber Graham, muss ich ein wenig nörgeln. Die Platte hat gute, ausbeutbare Themen im Gepäck: Eine gescheiterte Ehe nach 38 Jahren oder der Bruch mit seinem – noch älteren – Freund David Crosby. Herzergreifender, persönlicher Stoff. Aber was macht Graham Nash daraus? Einen etwas leblosen Singer-Songwriter-Pop.
Über den Legendenstatus, und das was Graham Nash für die Rockmusik geleistet hat, brauchen wir nicht diskutieren. Ich sage nur "Teach your children" oder "Our house" – Weltsongs. Und genau vor diesem Hintergrund hören sich die Stücke auf seinem neuen Album so mager an. Es ist, als ob Nash mit angezogener Handbremse fährt. Gemütliche Harmonien, freundlicher Gesang – das will irgendwie nicht dem schweren Zeug entsprechen, von dem die Songs handeln. Solide und erfahrene Musik – mehr aber nicht.
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