Neue Alben

Indierock vom Feinsten

Gitarre
Der 36-jährige Musiker Kevin Devine aus Brooklyn spielt Akustik- und E-Gitarre, manchmal auch Bass. Auf "Instigator" zeigt er sich einfühlsam, nachdenklich, aber immer selbstsicher. © imago/Westend61
Von Carsten Rochow · 21.10.2016
Das muss man erst mal schaffen: Der ewig jugendliche Kevin Devine mimt auf seinem neunten Album "Instigator" sehr überzeugend Singer-Songwriter, Punker und Indierocker. Auch Natalie Mering alias Weyes Blood und Little Children haben wirklich gute Musik zu bieten.

Kevin Devine - Instigator
(Procrastinate! Music Traitor)

"Ich mach den Leuten Angst, die zahlen, um mich singen zu sehen" singt Kevin Devine 2003 im Song "Wolf’s Mouth" über sich selbst. Und wer den Musiker aus Brooklyn jemals live gesehen hat, ob allein oder mit seiner Goddamn Band, weiß genau, was gemeint ist. Von diesem Biss hat der ewig jugendlich wirkende Rotschopf auch mit 36 nichts eingebüßt.
Heute erscheint "Instigator", die achte Platte von Kevin Devine. In den ersten drei Songs holen ihn seine Punkrock-Wurzeln ein. Als Solomusiker ist er über die Jahre immer mehr vom Singer-Songwriter zum Indierocker mutiert. Auf "Instigator" erfährt diese Entwicklung vorerst ihren Höhepunkt. Das Liebeslied "No One Says You Have To" oder das Stück "Freddie Gray Blues", das Polizeigewalt gegen Afro-Amerikaner in den USA thematisiert, zeigt dann auch den einfühlsamen und nachdenklichen, aber immer selbstsicher wirkenden Kevin Devine.
Singer-Songwriter, Punk und Indierock: Diese drei Outfits trägt Kevin Devine auf "Instigator" - und alle sitzen hervorragend.

Weyes Blood - Front Row Seat To Earth
(Mexican Summer)

Die Musikerin Natalie Mering hat sich als Weyes Blood in den letzten Jahren einen Namen für anmutig schöne, schillernd düstere Folk-Balladen gemacht. Mit ihrem neuen Album "Front Row Seat To Earth" gelingt ihr nicht weniger als ein kleines Meisterwerk.
Weyes Blood nimmt uns mit auf eine fesselnde Reise durch ihre dystopische Gedankenwelt. "Ich bring dir deine schlimmsten Ängste, wenn du mir meine bringst", singt sie und klingt dabei andächtig und ergriffen. Ihre pastorale Stimme, in der Anklage, Hoffnung, Erkenntnis und tiefes Gefühl gleichermaßen mitschwingen, ist das beherrschende Instrument in den Songs. Sie führt uns ruhig und gelassen durch die ausgedehnten, orchestralen Arrangements, wie durch die Flügel einer antiken Kathedrale.
Das Album "Front Row Seat To Earth" von Weyes Blood ist eines der auffälligsten und elegantesten Alben dieses Herbsts.

Little Children – f.f
(Cosmos Music)

Dire Straits, Chris Rea und Bruce Springsteen zählen zu den deutlich hörbaren Einflüssen von Little Children. Auch wenn Sie sich an die Band War On Drugs erinnert fühlen - völlig in Ordnung. Heute erscheint das zweite Album "f.f" des Ich-brech-aus-dem-Alltag-aus-und-konzentrier-mich-komplett-auf-die-Musik-Projekts von Linus Lutti aus Stockholm. So bringt der Musiker Lebensfreude zurück in sein Leben und ganz sicher auch in das seiner Hörer.
Mit "Every Little Light" gelingt ihm sogar ein Hit, der fast genauso im Radio der 80er-Jahre hätte laufen können. Vielleicht sind es die weichen Melodien und der sanfte Gesang, die uns berühren und aufrütteln. Oder dass Mensch-warum-kommt-mir-das-so-bekannt-vor-Gefühl, dass uns bei "Little Children" dran bleiben lässt. Oder dass Linus Lutti auch in den düsteren Momenten erbaulich klingt.
Egal was es ist, Little Childrens Album "f.f" verströmt Vertrautheit mit jedem Takt und erzählt von einem Mann, der neuen Mut geschöpft hat. Es fällt wirklich leicht, das gut zu finden.