Neue Alben

Das muss man gehört haben oder auch nicht

Ein Mann mit umgedrehter Baseballmütze und Gitarrengurt singt in ein Mikrofon.
Der kanadische Rockmusiker Neil Young © dpa / Will Oliver
Von Martin Risel · 26.06.2015
Empfohlen werden "The Monsanto Years" von Neil Young and Promise of the Real. Außerdem "Buena medicina" von Raggabund als schönstes Sommer-Album. Abgeraten wird von "Written in Scars", dem neuen Album von Jack Savoretti: Das sei Pop-Einheitssoße.
Mit deutlichen Worten und fröhlichem Pfeifen prangert Neil Young US-Großkonzerne an in diesem Schlüsselsong vom neuen Album "The Monsanto Years". Monsanto, das ist diese Krake im weltweiten Saatgut- und Gentechnik-Geschäft, deren Folgeprodukte auch bei Starbucks und Walmart zu finden sind – und deshalb auch in Neil Youngs neuen Songs. Wirtschafsmächte, die der fast 70-Jährige in seiner treffendsten Zeile als "too big to fail and too rich for jail" bezeichnet.
Jaja, der alte Grantler haut mal wieder drauf und diesmal so richtig. Reflexartig haut so mancher Kulturkritiker gleich zurück, der bei jeder politischen Musiker-Äußerung das so verpönte Gutmenschentum wittert.
Klar, Neil Young ist im Kampf für gesunde Umwelt und freie Bauern nicht weit vom Holzschnitt entfernt. Aber er singt auch mal von Liebe – und überhaupt: Er schnitzt einige ziemlich gute Songs zurecht, zusammen mit seiner neuen Band Promise of the real, mit dabei zwei Söhne vom Rebellenkollegen Willie Nelson. Also: Schlicht ein wichtiges Album!
"We are the revolution ... ... written in scars...5 ohohooo..."
Wenn dagegen der hier von Revolution singt, kann ich nur leise schmunzeln. Erst recht, wenn er zu solchen mauen Mitgröhl-Melodien ansetzt. Was ist bloß aus Jack Savoretti geworden? Ich kann's Ihnen sagen: Der Mann hat für sein viertes Album "Written In Scars" bei einem Major Label unterschrieben. Das hat ihm gleich Co-Autoren und Haus-Produzenten an die Seite gestellt.
Und fertig ist die Pop-Einheitssoße für den Mainstream-Markt. Nun war der britisch-italienische Popbarde nicht wirklich Avantgardist, aber bisher immer jemand mit eigener Note. Jetzt hat man an seinen Stimmbändern etwas gefeilt Richtung Brian Adams - oder soll das den Italiener in ihm wecken?
Also: Pop für die Brigitte, für mich kalter Kaffee.
Italienisch singen können sie auch, Spanisch, Portugiesisch, Englisch, Deutsch - und zweistimmig Posaune spielen: Raggabund, die bunte Band aus München auf ihrem neuen Album "Buena medicina".
Die Truppe um den argentinisch-stämmigen Politologen und Sänger Paco Mendoza ist wieder mal eine dieser lebenden Gegenthesen zur Behauptung: "Multikulti ist gescheitert!" Hier spielen Musiker aus sieben Nationen jamaikanische Offbeats und kolumbianische Cumbia als wär München eine karibische Metropole. Das Goethe-Institut schickt sie demnächst auf Südamerika-Tour – und wir können nur hoffen, die weltweite deutsche Kultur-Krake bringt sie uns zurück.
Denn: Raggabund haben das schönste Sommer-Album der Woche!
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