Neu im Kino: "Where to Invade Next"

Der Retter Michael Moore als Ein-Mann-Armee

Der US-amerikanische Filmregisseur Michael Moore in einer Szene des Kinofilms "Where to Invade Next" (undatierte Filmszene).
Filmregisseur Michael Moore in einer Szene des Kinofilms "Where to Invade Next" © picture-alliance / dpa / Falcom Media
Von Jörg Taszman · 24.02.2016
Michael Moore marschiert in mehrere Länder Europas ein, um die dortigen Sitten und Gebräuche zu erforschen. Mit "Where to Invade Next" zeigt sich der US-Filmregisseur in Bestform – und bringt mit Ironie und wütender Kritik das Publikum zum Lachen und Nachdenken.
Er ist wieder zurück als One Man Army: Michael Moore rettet Amerika. Nach allen gescheiterten Invasionen der USA nach dem Zweiten Weltkrieg marschiert Moore allein in einigen Staaten ein, um fremde Kulturen und Bräuche kennen zu lernen. Mit seiner einmaligen Mischung aus gespielter Naivität und echter Empörung bereist Michael Moore Italien, Frankreich, Deutschland, Finnland, Norwegen, Slowenien, Tunesien und Island. Aus jedem Land nimmt er eine politische oder soziale Errungenschaft mit, die es in seiner Heimat nicht (mehr) gibt.
Und so begeistert ihn in Italien die Aussicht auf im Idealfall bis zu acht Wochen bezahlten Urlaub. Besonders einmalig der Staat zahlt zwei Wochen Flitterwochen für frisch Vermählte. In Frankreich lockt leckeres Schulessen, in Finnland das stressfreie Schulsystem ohne Hausaufgaben. Slowenien kennt keine Gebühren für die Uni. Norwegen leistet sich "Luxusgefängnisse" für Schwerverbrecher oder einfach einen humanen Strafvollzug, der nicht auf alttestamentarischer Bestrafung beruht und in Deutschland hat man die schmerzvolle Vergangenheit aufgearbeitet und nicht verdrängt.

Gewagte Montagen sorgen für Gemeinschaftslacher

Herausgekommen ist dabei die Komödie des Jahres. Wer den Film wie anlässlich der Berlinale zur Europapremiere vor vollem Haus sehen darf, kommt aus dem Gemeinschaftslachen nicht mehr heraus. Moore ist in Topform, versteht es, in gewagten Montagen für Bildwitz zu sorgen, wenn er beispielsweise den französischen Kindern amerikanisches Schulessen auf Fotos zeigt. Es tut gut, in dieser Welt über den Wahnsinn der Konsumgesellschaft zu lachen, sich auf die so unmodischen Werte wie Solidarität, Gemeinschaftssinn und stressfreies Lernen einzulassen und über unseren immer absurderen Alltag zu schmunzeln. Und bei aller Ironie, etwas Sarkasmus und viel wütender Kritik stimmt diese typische Michael Moore Filmcollage natürlich auch nachdenklich.
Viele soziale Errungenschaften oder Ideen, die in einigen europäischen Ländern noch lebendig sind, stammen aus den USA sind jedoch durch Reagan, Bush und Co. abgeschafft worden. Und wer sich jetzt nörgelnd an den typischen Vereinfachungen von Michael Moore stört, der nicht immer alles ganz ausgewogen recherchiert, der will einfach nicht verstehen, wie wichtig solche bewusst für ein breites Publikum angelegten kritischen Werke sind. Michael Moore will ja nur eins bewirken: Mehr nachdenken, weniger hinnehmen und anders konsumieren.

Where to Invade Next
USA 2015 - Regie: Michael Moore, mit Michael Moore, Krista Kiuru, Tim Walker – 110 Minuten

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