Neu im Kino

"Ich habe die Schnauze so voll von Liebe"

Schauspielerin Diane Kruger bei der Deutschlandpremiere des Films "Sky - Der Himmel in mir" in Berlin
Schauspielerin Diane Kruger bei der Deutschlandpremiere des Films "Sky - Der Himmel in mir" in Berlin © dpa / picture alliance / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Christian Berndt · 04.06.2016
In "Vorgespult" geht es heute um Filme über altenglische Untote, dänische Serienmörder und unglückliche Franzosen in Amerika. Drei Kinostarts der nächsten Woche, unter anderem mit Diane Kruger auf Freiheitssuche in Las Vegas.
England 1811. Der Edelmann Mr. Darcy reitet zu einem vornehmen Landsitz, scheinbar um an einer Bridge-Partie teilzunehmen. Man setzt sich zu Tisch, dann kramt Darcy ein Fläschchen hervor:
"Eine Arznei? – Das sind Schmeißfliegen. – Wie bitte? - Sie verfügen über ein äußerst beneidenswertes Talent. Die Fähigkeit, totes Fleisch aufzuspüren."
Und sogleich sieht man, wie sich die Fliegen auf dem Haupt von Mr. Kingston niederlassen. Darcy schreitet zur Tat. Weil Mr. Kingston ein verkappter Zombie ist, bekommt er von Darcy den Kopf abgeschnitten – der junge Gentleman, gespielt von Sam Riley, ist ein Zombie-Jäger.

Epidemie in England

Der britisch-amerikanische Film "Stolz und Vorurteil und Zombies" vermengt zwei komplett fremde Welten: Horrorfilm und Jane-Austen-Roman. Man erfährt, dass England zu jener Zeit unter einer Zombie-Epidemie leidet. Aber weil es sich um Briten handelt, bleibt man gelassen und beschäftigt sich lieber mit den wirklich wichtigen Dingen – zum Beispiel Heiraten:
"Dort ist der stattliche neue Herr von Netherfield. – Welch wunderbaren Ehemann er abgeben würde. – Charlotte Lucas, denkst du denn an nichts anderes? – Zombie hin oder her, Frauen müssen immer an die Ehe denken, Lizzy. – Ich würde für einen Ring niemals auf mein Schwert verzichten."
Elisabeth will sich keinem Mann unterordnen – schließlich müssen angesichts der Zombie-Plage auch Frauen Kampfkünste lernen. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Roman von Seth Grahame-Smith, der ein Jane-Austen-Update fürs junge Publikum geschrieben hat. Der Reiz der Vorlage liegt darin, dass der größte Teil des Textes von Austens Roman "Stolz und Vorurteil" direkt übernommen ist.
Regisseur Burr Steers setzt diesen Genre-Spagat wortwitzig um und lässt nicht nur die im Zombie-Genre übliche gesellschaftspolitische Dimension mitschwingen – Untote als Klassenkämpfer. "Stolz und Vorurteil und Zombies" führt auch ganz im Sinne Jane Austens die Zeitlosigkeit von Gesellschaftskonventionen vor, deren Zähigkeit selbst Zombies nichts anhaben können.

Diabolischer Kindermörder

Um Untote dreht sich in gewisser Weise auch der skandinavisch-deutsche Thriller "Erlösung" − die dritte Verfilmung aus der Krimi-Reihe des dänischen Erfolgsautors Jussi Adler-Olsen. Dieses Mal fahndet sein depressiver Ermittler Carl nach einem diabolischen Kindermörder. Der norwegische Regisseur Hans Petter Moland inszeniert "Erlösung" mit allen Ingredienzen des typisch skandinavischen Krimis: düstere Stimmung und dunkle Charaktere.
Und wie immer in Olsens sozialkritischen Krimis hat auch hier das Verbrechen seinen Ursprung in gesellschaftlichen Deformationen, in diesem Fall ist es religiöser Fundamentalismus. Das hat einige Spannung, folgt aber – ob bei christlichen Hinterwäldlern oder Wohlsituierten mit Doppelleben – zu sehr bekannten, fernseh-üblichen Mustern, um auch im Kino zu fesseln.

Ungeahnte Freiheit in Las Vegas

Vom kühlen Dänemark in die Hitze der amerikanischen Wüste. Im französisch-deutschen Film "Sky – Der Himmel in mir" tourt ein Pariser Ehepaar im Auto durch die USA. Romy, gespielt von Diane Kruger, und ihr Mann wollen mit dieser Reise eigentlich ihre Beziehung retten, aber ein Streit endet in einem derartigen Desaster, dass Romy sich gezwungen sieht abzuhauen. Sie landet in Las Vegas, und an einer Bushaltestelle lernt sie die Animierdame Charlene kennen. Die einsame Frau lädt sie zu sich ein:
"Hey, du kannst so lange hierbleiben, wie du willst, okay? Steck einfach, wenn’s geht, 40 Dollar in die Haushaltskasse da drüben. Und was Arbeit angeht, ich bin sicher, wir finden schon was für dich."
Romy posiert nun im Bunny-Kostüm für Touristenfotos. Nichts Tolles, aber sie erlebt ein ungeahntes Freiheitsgefühl. Als sie vom verwegenen Diego für eine Prostituierte gehalten wird, geht sie kurzerhand mit – und genießt bezahlten Champagner und Sex:
"Weißt du, ich will einfach nur frei sein, ich habe die Schnauze so voll von Liebe. Ich will keine Liebe mehr, und ich bin so froh, dass ich keine Beziehung mehr habe…"
Die angetorkelte Romy labert den Freier ziemlich zu. "Sky – der Himmel in mir" gehört zu den Filmen, die sich zu Beginn wie tausendmal gesehen anfühlen, aber dann doch überraschen. Sieht es zunächst nach romantischer Selbstbefreiungsstory aus, entwickelt sich die Geschichte schnell ernüchternd − Charlene schmeißt Romy wieder raus, und Diego zeigt enttäuschend wenig Interesse.
Die französische Regisseurin Fabienne Berthaud hat hier nach "Frankie" und "Barfuß auf Nacktschnecken" zum dritten Mal mit Diane Kruger gedreht – und das merkt man dem Film auch an. Kruger wirkt authentisch als etwas realitätsferne Frau, die in ihrem Freiheitsdrang manchmal arg naiv vorprescht. Die Regisseurin setzt diesen Aufbruch unsentimental und mit einer leichten Bedrücktheit in Szene, die einen mitzieht. Bei Berthaud und Kruger scheint sich ein Duo gefunden zu haben, das noch einiges verspricht fürs Kino.
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