Neu im Kino: "Hell or High Water"

Traurig-realistisches Abbild des abgehängten Amerika

Jeff Bridges und Gregory Crusz in "Hell or High Water" von David Mackenzie
Jeff Bridges und Gregory Crusz in "Hell or High Water" von David Mackenzie © imago/ZUMA Press
Von Hannelore Heider · 12.01.2017
Zwei Brüder in Geldnot überfallen Banken, ein Sheriff verfolgt sie. Aus dieser alten Geschichte schafft David Mackenzie in "Hell or High Water" einen Thriller, der die sozialen Abgründe der Gegenwart aufgreift. Zusätzliches Plus: der Soundtrack von Nick Cave und Warren Ellis.
Bankräuber, Sheriff und Staub von Texas. Das ergab und ergibt im Kino immer noch einen Western. Ganz ohne Nostalgie erzählt David Mackenzie einen Bankräuberthriller in der sozialen Realität der Gegenwart und die Bilder sowie der Soundtrack malen uns einen Western, dem nur noch die knurrigen Typen fehlen. Jeff Bridges spielt den kurz vor der Pensionierung stehenden Texas Ranger Marcus Hamilton, der seine letzte Jagd auf die Räuber genauso durchzieht wie immer.
Statt Waffenarsenal und digitaler Technik setzt er auf Beobachtung und Erfahrung, auch all der Zeugen, die in Bars und Spelunken hockend die Bankräuber gesehen haben wollen. Sie nehmen nur die kleinen Banken im Hinterland, sie rauben nur Bargeld, sie tun niemandem was. Sie sind Brüder, die sich, ganz wie es Hamilton ahnt, eine bestimmte Summe zusammenrauben. Genau das Geld, das ihre Familie der Bank schuldet und das zum Termin eingezahlt werden muss, um die Zwangsvollstreckung und damit der Verlust der kleine Farm zu verhindern.

Gekränkter Stolz, Rachegelüste und echte Existenznot

Ihre Mutter ist darüber gestorben, Tanner, der ältere Bruder (Ben Foster), kommt gerade wieder einmal aus dem Knast und Tobi (Chris Pine) hat eine Ex-Frau und zwei Söhne zu versorgen. Es ist gekränkter Stolz und aus Wut erwachsene Gewaltbereitschaft, die sie treiben, Rachegelüste und echte Existenznot. Dieses Gemisch ist explosiv und dazu kommt bei aller Unterschiedlichkeit der Charaktere eine fast archaische Bruderliebe. Der alte Ranger weiß das. Die Inszenierung nutzt es als Treibstoff, nicht nur für Spannung, sondern für ein traurig-realistisches Abbild des abgehängten Amerika.
Nick Cave und Warren Ellis grundieren die Stimmung der Bilder von Kameramann Giles Nuttgens mit einem fantastischen Folk-und Countrysoundtrack.

"Hell or High Water" (USA 2016)
Regie: David Mackenzie
Darsteller: Jeff Bridges, Chris Pine, Ben Foster, Dale Dickey
102 Minuten - FSK: ab 12

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