Neu im Kino: "Er ist wieder da"

Keine wirklich politische Satire

Der Schauspieler Oliver Masucci kommt zur Welturaufführung des Kinofilms "Er ist wieder da" am 06.10.2015 in Berlin.
Der Schauspieler Oliver Masucci bei der Uraufführung des Kinofilms "Er ist wieder da" in Berlin. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Christian Berndt · 07.10.2015
David Wnendt lässt in "Er ist wieder da" Adolf Hitler auferstehen und als Medienstar durch die Republik reisen. Keiner nimmt den Diktator ernst. Aber die Aussagen der Gesprächspartner, teilweise nicht-fiktive Szenen, sind erschreckend. Als Satire taugt der Film aber nur bedingt.
"Der körperliche Zustand ist erfreulich, ich bin wohl vollständig gesund, von den Kopfschmerzen einmal abgesehen?"
Hitler ist wieder da. Ein Knall, und plötzlich liegt der Führer in leicht verkohlter Uniform auf einer Wiese in Berlin - dem Gelände der früheren Reichskanzlei. Warum erfährt man im Film "Er ist wieder da" nicht, Hitler weiß es selbst auch nicht, aber irgendwann begreift er, dass er sich nicht im Jahr 1945, sondern im Jahr 2014 befindet. Bei einem verblüfften Kioskbesitzer findet der Ex-Diktator Unterschlupf:
"Ich hab nichts dagegen, wenn Sie ein, zwei Nächte hier übernachten. Aber nicht, dass Sie mir den Kiosk ausräumen."
"So, jetzt hören Sie mal, sehe ich aus wie ein Verbrecher?"
"Sie sehen aus wie Adolf Hitler."
"Eben!"
Im Kiosk hat Hitler die Möglichkeit, sich mithilfe der Zeitungen auf den neuesten Stand zu bringen. Als ihn ein Journalist entdeckt und für einen begnadeten Parodisten hält, wird Hitler der Chefin eines Fernsehsenders vorgestellt - und hält dort eine flammende Rede:
"Sagen Sie mal, Sie haben das hier nicht vorbereitet oder?"
"Wozu, Frau Bellini? Das granitene Fundament meiner Weltanschauung versetzt mich in die Lage, aus jedem Aspekt die richtigen Schlüsse zu ziehen."
"Ist ja Wahnsinn. Herr Sensenbrink, kümmern Sie sich bitte darum, dass wir das richtige Format für diesen Herrn finden."
Die Figur Hitler soll Zuschauern den Spiegel vorhalten
Die Fernsehchefin ist begeistert, man hält Hitler für die perfekte Parodie. Aber mit den Auftritten in Fernsehshows begeistern seine Parolen die Massen - und Hitler wird zum neuen Medienstar. "Er ist wieder da" beruht - wie die Romanvorlage - auf einer kuriosen Idee, ist aber durchaus ernst gemeint, wie Regisseur David Wnendt in Berlin erzählt:
"Gerade fand ich spannend, weil es hier nicht darum ging, ein Psychogramm von Hitler zu machen, also eine neue Facette von Hitler zu finden, sondern mit dieser Figur uns selbst den Spiegel vorzuhalten. Also, indem man mit dieser Figur guckt, könnte er heutzutage immer noch Erfolg haben und wenn, warum? Also, warum würden Leute immer noch auf ihn hereinfallen, warum gibt es immer noch eine gewisse Gefahr für die Demokratie?"
David Wnendt hat die Romanvorlage für den Film um einen Dreh erweitert, der bemerkenswerte Wirkungen erzielt. Er ist mit seinem Hitler-Darsteller durchs Land gereist, um Menschen mit der Figur zu konfrontieren. Gespielt wird der Ex-Diktator vom Burgschauspieler Oliver Masucci, der Hitler als verständnisvollen Zuhörer gibt und Normalbürger dazu bringt, ihre stramm rechten Gedanken offen zu äußern. In einer Weise, die Wnendt schockiert hat:
"Egal, wo wir hingefahren sind, man hat diese Personen ganz leicht gefunden. Und leider sind solche Sachen wie Ausländerfeindlichkeit und Demokratieverdrossenheit keine Randphänomene mehr, sondern sehr weit verbreitet. Und das Ausmaß dessen habe ich erst durch diesen Dreh mit eigenen Augen zu sehen bekommen. Und das war etwas, wo sich auch mein Deutschlandbild verändert hat."
An klarer Haltung lässt es der Film nicht fehlen
Die Methode, Normalbürger zwecks Entlarvung ihrer Gesinnung mit Kunstfiguren zu konfrontieren, kennt man reichlich aus Satire- und Comedy-Formaten. Aber mit Hitler ist das ungewöhnlich, was die Frage aufwirft, ob die Menschen auf der Straße den Wiederauferstandenen überhaupt ernst genommen haben.
"Es gibt einmal Leute, also gerade junge Leute, die das so lustig fanden, als wenn wir mit Mickey Mouse rumgelaufen wären. Aber auch das finde ich erschreckend, wie leicht es denen fällt, sich mit ihm fotografieren zulassen, den Hitlergruß zu machen. Und die meisten Leute haben ihn erstaunlicherweise sehr, sehr ernst genommen. Die hatten geradezu das Gefühl, dass ihnen mal jemand zuhört, und die toll fanden, was er zu sagen hat."
Wnendt mischt realistische mit fiktiven Szenen, etwa wenn Hitler eine NPD-Zentrale besucht. An klarer Haltung lässt es "Er ist wieder da" bei aller Ironie nicht fehlen, und für Wnendt hat der Film hohe Aktualität:
"Bevor wir gedreht haben, das war ja noch die Zeit vor Pegida, haben teilweise auch die Produzenten gesagt, 'Mensch, das ist doch in Deutschland alles gar nicht so schlimm, ich kenn keinen, der gegen Ausländer ist'. Die Dreharbeiten haben aber gezeigt, wie weit verbreitet das schon eben ist, und dass es wichtig ist, jetzt darauf auch zu reagieren."
Als politische Satire taugt "Er ist wieder da" allerdings nur bedingt. Der Film hat Wortwitz, Szenen wie Hitlers umjubelte Autofahrt durch Berlin erinnern an Helmut Dietls grandiose Satire "Schtonk". Aber Hitlers anscheinend kaum umstrittener Medien-Triumphmarsch erscheint wenig überzeugend und begrenzt entlarvend, zumal Masuccis Hitler weniger wie das Original, als vielmehr wie ein selbstironischer Führer-Parodist wirkt. Absicht und Wirkung fallen hier um einiges auseinander.
Mehr zum Thema