Neu im Kino: "Eisenstein in Guanajuato"

Menschwerdung eines Meisterregisseurs

Elmer Bäck in der Rolle des sowjetischen Meisterregisseurs in "Eisenstein in Guanajuato" von Peter Greenaway
Elmer Bäck in der Rolle des sowjetischen Meisterregisseurs in "Eisenstein in Guanajuato" von Peter Greenaway © Salzgeber & Co. Medien GmbH
Von Anke Leweke · 11.11.2015
Zehn Tage in Mexiko, die einen Wendepunkt markieren: Im Film "Eisenstein in Guanajuato" von Peter Greenaway ändert der wohl bedeutendste sowjetische Regisseur den Blick auf seine Heimat und das Stalinregime und entdeckt sein Interesse an Menschen und ihren Seelen.
Kann man das? Darf man den großen Meisterregisseur wirklich als launischen, drolligen, schwatzhaften Mann zeigen? Eisenstein als Clown? Die ersten paar Minuten ist man verunsichert, holt hier einer Regisseur einen anderen von seinem Sockel? Oder bekommt man es mit einer unkonventionellen Annäherung zu tun? Eben nicht mit einem klassischen Biopic, sondern einem Film, der genauso eigenwillig ist, wie sein Protagonist.
Zehn Tage aus dem Leben von Sergej Eisenstein bannt Peter Greenaway buchstäblich auf die Leinwand. Zehn Tage, die einen Wendepunkt in der Biografie des wohl bedeutendsten sowjetischen Regisseurs markieren. 1931 befand sich Eisenstein auf dem Höhepunkt seiner Karriere. In Mexiko wollte er seinen nächsten Film "Que Viva México!" in Angriff nehmen. Zunächst lernt Eisenstein in der äußerst fotogenen Stadt Guanajuato eine gleichermaßen sinnesfrohe wie bedrohliche Kultur kennen, einen anderen Umgang mit Tod und Sex. Unter seinem Blick setzen sich die Eindrücke religiöser und heidnischer Symbole neu zusammen.
Zitate und Variationen von Eisensteins Montagetechnik
Greenaway zitiert und variiert die dramatisierende Montage Eisensteins, springt von Detailaufnahmen in die Totale. Durch Eisensteins Augen, seine besondere Kinotechnik nähern wir uns der Fremde, gleichzeitig nähert sich der Film dem Menschen Eisenstein, der in der Ferne von einem neuen Begehren überrascht wird, der seine eigenen Körper anders entdecken wird. Auch wird er hier mit einer anderen Revolution konfrontiert, einem anderen politischen Verständnis. Eisenstein beginnt seine Heimat und das Stalinregime neu zu reflektieren. Aus einem konzeptuellen Filmemacher wird ein an Menschen und ihrem Seelenbefinden interessierter Künstler.

Eisenstein in Guanajuato
Niederlande/Mexiko/Finnland/Belgien 2015 – Regie: Peter Greenaway, Darsteller: Elmer Bäck, Luis Alberti, Maya Zapata, Lisa Owen – ab 16 Jahren, 105 Minuten
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