Neu im Kino

Eindringliches Sklavereidrama

Steve McQueen freut sich über den Golden Globe für "12 Years a Slave" als bestes Filmdrama.
Steve McQueen freut sich über den Golden Globe für "12 Years a Slave" als bestes Filmdrama. © dpa / picture alliance / Paul Buck
Von Hans-Ulrich Pönack · 15.01.2014
Nicht weniger als ein großartiges Meisterwerk hat Regisseur Steve McQueen mit "12 Years a Slave" abgeliefert. Ein authentisches und grausames filmisches Denkmal für den Afroamerikaner Solomon Northup, der 1841 als Sklave in den Süden der USA verschleppt wurde.
Schon in seinen ersten beiden Filmen, dem IRA-Drama "Hunger" (2008) und in "Shame" (2011), einem Drama über einen sexsüchtigen Mann im heutigen New York, der zu keinerlei sozialen Bindungen fähig ist, befasste sich der 44-jährige Londoner Fotograf, Video-Künstler und Regisseur Steve McQueen mit Männern in Extremsituationen. Sein neues Werk zählt zu den schonungslosesten und bedeutsamsten in den jüngeren Filmgeschichte. Der schwarze Filmemacher nimmt sich eines düsteren Kapitel in der Geschichte der Vereinigen Staaten von Amerika an: Der widerwärtigen Sklaverei. Dabei setzt er auf ein authentisches, grausam-wahrhaftiges historisches Ereignis: Der Afroamerikaner Solomon Northup ist ein freier Mann und Familienvater. Lebt 1841 mit Ehefrau und zwei Kindern glücklich und zufrieden als Tischler und virtuoser Gelegenheitsgeigenspieler in Saratoga/New York. Von seiner Entführung, seiner entsetzlichen Leidenszeit als Sklave im amerikanischen Süden und von seiner Befreiung im Januar 1853 erzählt dieses großartig-eindringliche wie berührend-schmerzhafte Meisterwerk.
Es ist die Zeit um Mitte des 19. Jahrhunderts. Wir befinden uns im zweigeteilten Amerika. Während sie im Norden unangetastet als freier Staatsbürger tun und lassen können, was sie im Rahmen der Gesetze machen wollen, handelt und behandelt man Farbige im Süden als Unmenschen. Solomon Northup hat das erlebt und später aufgeschrieben und Regisseur Steve McQueen setzen ihm heute ein filmisches Denkmal. Allerdings weder in romantisierender abgeschwächter oder sentimentaler Form und Gestalt, sondern wirkungsvoll-knallhart, emotional wuchtig und intelligent-nachhaltig. "12 Years a Slave" ist spannendes Kino.
Oscar-reife Darsteller und Inszenierung
Auch Dank des famosen Ensembles mit formidablen Stichwortgebern wie Benedict Cumberbatch, Paul Giamatti, Paul Dano und Brad Pitt, der Mit-Produzent in einem Nebenpart. Der am 2. April 1977 geborene Ire Michael Fassbender, der in allen drei bisherigen McQueen-Filmen mitspielt, gibt hier den finsteren Plantagenbesitzer und Menschenschinder Edwin Epps. Der sich gerne auf die Bibel und Gott beruft, während er "seine Neger" quält. Ein emotionaler Drecksack, ein menschliches Wrack, das Fassbender in seiner seelischen Zwiespältigkeit überzeugend-kalt und charakter-brutal auslotet. Der Brite Chiwetel Ejiofor, 35, aufgefallen in Filmen wie "Amistad" von Steven Spielberg (1997), "Kleine schmutzige Tricks" (2003/ an der Seite von Audrey Tautou), spielt hier mit glaubhafter präsenter, unaufdringlicher Eindringlichkeit einen Mann, dem seine Hautfarbe zum Schicksal wird. Chiwetel Ejiofor trägt den Film in einer bewundernswert beängstigenden Kraft. Eine oscar-reife Darstellung. In einem absolut oscar-starken Spielfilm.

(USA, Großbritannien 2012 – Regie Steve McQueen, Buch: John Ridley, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Solomon Northup, Darsteller: Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Benedict Cumberbatch, William Ford, Paul Dano, Paul Giamatti, Lupita Nyong’o, Sarah Paulson, Brad Pitt - 135 Minuten, ab 12 Jahren)

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