Neu im Kino: "Die Augen des Engels"

Die Wahrheit über Amanda Knox – vielleicht

Daniel Brühl und Kate Beckinsale in "Die Augen des Engels"
Daniel Brühl als Thomas mit Kate Beckinsale als Simone in dem Kinofilm "Die Augen des Engels". © picture alliance / dpa / Foto: Concorde Filmverleih
Von Hans-Ulrich Pönack · 20.05.2015
Für die Medien war der Prozess um die Studentin Amanda Knox, die ihre Mitbewohnerin mit getötet haben soll, ein gefundenes Fressen. Wegen ihres Auftretens wurde die US-Amerikanerin auch als "Engel des Todes" bezeichnet. Michael Winterbottom hat dazu einen Film gedreht.
Michael Winterbottom, 54-jähriger Brite und neben Ken Loach und Mike Leigh einer der bedeutendsten Filmemacher des Königreichs, mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet ("Goldener Berlinale-Bär", Gewinner für "In This World"), befasst sich in seinem neuen Werk – zunächst – mit einem der spektakulärsten Kriminalfälle der letzten Jahre.
Die amerikanische Studentin Amanda Knox war angeklagt, im November 2007 als Austauschstudentin, gemeinsam mit einem Kommilitonen, im italienischen Perugia ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher ermordet zu haben. In den Medien wurde die Angeklagte, ob ihres attraktiven Aussehens und ihrer überdurchschnittlichen Intelligenz, bisweilen als dämonischer „Engel des Todes" bezeichnet. Amanda Knox wurde zunächst für schuldig befunden, bevor man sie schließlich, nach mehreren Prozessen, im März 2015 endgültig freisprach.
Medien-Hype um die Angeklagte
Für "Die Augen des Engels" ist dieser Prozess der Ausgangspunkt, eigentlich der völlig überkandidelte Medien-Hype um die Angeklagte. Wie die Pressemeute sich auf sie stürzt, wie der Boulevard das Zepter der Berichterstattung in die Hand nimmt. Michael Winterbottom nimmt die Hysterie um diesen "speziellen Kriminalfall" zum Anlass, um einen Filmemacher namens Thomas Lang (Daniel Brühl) ins Gespräch zu bringen.
Er kommt an den italienischen Prozessort, um für einen Filmstoff über diesen Fall und die Angeklagte zu recherchieren. Dort trifft er auf die (attraktive) Journalistin, Simone Ford (Kate Beckinsale), die bereits ein Buch über diesen Mammutprozess geschrieben hat und Thomas helfen soll, die Struktur für einen Spielfilm zu entwerfen. Doch er verheddert und verzettelt sich zunehmend. Er weiß nicht, wie er an das neue Projekt herangehen soll und will. Er flüchtet sich in eine Affäre, braucht Drogen und hat im Umfeld dieser Mordermittlungen mit seinen Dämonen zu tun.
Story bleibt an der Oberfläche
"Mich interessieren Menschen, die ungewöhnlich nah an ihre Geschichten herangehen", erklärt Michael Winterbottom im Interview ("Berliner Zeitung"). Und: "Das Leben ist voller ungeplanter Vorkommnisse." Der Wahrheit also auf die Spur(en) zu kommen, ist einmal mehr sein Bestreben. Leider vertut sich der Regisseur in diesem Bestreben. Er springt zwischen dem Fall und der Schaffens- und Lebenskrise seines Hauptprotagonisten hin und her und bleibt letztlich an der Oberfläche. Genaugenommen verzettelt er sich wie seine Hauptfigur, bis nicht mehr ganz klar ist, was für eine Geschichte er eigentlich erzählen wollte.


Die Augen des Engels
GB/Italien/Spanien 2013/2014, Regie: Michael Winterbottom, Darsteller: Daniel Brühl, Kate Beckinsale, Valerio Mastandrea, Cara Delevingne, 101 Minuten
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