Neu im Kino: "Demolition"

Mit dem Vorschlaghammer in ein neues Leben

Jake Gyllenhaal als Davis in "Demolition – Lieben und Leben" von Jean-Marc Vallée
Jake Gyllenhaal als Davis in "Demolition – Lieben und Leben" von Jean-Marc Vallée © © 2016 Twentieth Century Fox
Von Jörg Taszman · 15.06.2016
Davis' Frau Julia stirbt bei einem tragischen Verkehrsunfall. Der Investmentbanker entwickelt eine sich steigernde Zerstörungswut - als Reaktion auf den Verlust. Damit ist die Veränderung des Helden von Jean-Marc Vallées "Demolition" aber noch nicht abgeschlossen.
Er passt nie auf, wenn sie mit ihm redet. Der Investmentbanker Davis ist mit seinen Gedanken ganz woanders, als seine Frau Julia ihm von einem tropfenden Kühlschrank erzählt. Den möge er doch bitte einmal reparieren. Immerhin habe ihm ja sein eigener Vater Weihnachten vor zwei Jahren einen Handwerkskoffer geschenkt. Dann schaut Julia ihren Mann an und nicht auf die Fahrbahn. Es kommt zum Crash. Sie stirbt, er überlebt und bleibt körperlich unversehrt.

Die Alltags-Routine gerät aus dem Lot

Und nun kommt die ganze geölte Routine des Alltags für Davis aus dem Lot. Zunächst funktioniert er wie ein Business-Soldat. Er geht sogar zur Arbeit, redet von Zahlen und Geschäften. Sein Boss, der auch sein Schwiegervater ist und den Verlust der geliebten Tochter kaum verwinden kann, ist zunehmend ratlos. Warum zeigt Davis keine Zeichen von Trauer?
Jake Gyllenhaal spielt Davis als einen fast autistisch reagierenden, großen Jungen, der plötzlich die Spielregeln bricht. Handwerklich völlig unbegabt nimmt er den Kühlschrank auseinander, dann den Computer im Büro und er findet Lust an der Zerstörung von Konsumgütern und seines bisherigen Lebens. Davis lernt Karen als eine leicht verschrobene, alleinerziehende Mutter und ihren 15-jährigen Sohn Chris kennen, der meint schwul zu sein. Karen und Davis gehen eine ungewöhnliche Partner- und Komplizenschaft - ohne erotische Anziehung - ein und irritieren ihr gut bürgerliches Umfeld. Vor allem zwischen Chris und Davis stimmt die Chemie.

Auf der Suche nach etwas Neuem

Lustvoll zerstören sie mit Vorschlaghämmern das ehemalige traute Heim von Davis und Julia. Aber auch wenn er meint, er habe Julia nie wirklich geliebt, muss sich Davis eingestehen, dass es so einfach nie war. Er hat sich nur nie wirklich um diese Liebe gekümmert und sie gepflegt. Nach der Zerstörung seines bisherigen Lebensmodells muss Davis etwas Neues finden.
"Demolition" ist ein kleiner Glücksfall im aktuellen amerikanischen Kino. Endlich einmal bekommt man vielschichtige, ambivalente Charaktere zu sehen, die es sich und dem Betrachter nicht immer leicht machen. Der ganze Konsumwahn, die sichere Bank eines vorgezeichneten, erfolgreichen (Geschäfts-)Lebens werden humorvoll und hintergründig hinterfragt und der Film ist klug genug, die Antworten nicht wirklich zu kennen.

Sympathisch unrund und unfertig

Es liegt etwas sympathisch Unrundes und Unfertiges in diesem Film des Franko-Kanadiers Jean-Marc Vallée, der schon mit "Crazy" und "Dallas Buyers Club" bewies, dass er sich für ungewöhnliche Außenseiter innerhalb der bürgerlichen Mitte interessiert. Hinzu kommt sein wie immer gutes Händchen für stimmungsvolle Rockmusik. Endlich mal wieder ein richtig gelungener amerikanischer Kinofilm!

Demolition – Lieben und Leben
USA 2015 - Regie: Jean-Marc Vallée, Darsteller: Jake Gyllenhaal, Naomi Watts, Chris Cooper, Heather Lind, Judah Lewis: Chris Moreno, Polly Draper - 100 Minuten, ab 12 Jahren
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