Neu im Kino: "Amy"

Banale Bebilderung eines tragischen Suchtverhaltens

Sängerin Amy Winehouse bei einem Auftritt beim Glastonbury Festival im Juni 2008.
Sängerin Amy Winehouse bei einem Auftritt beim Glastonbury Festival im Juni 2008. © picture alliance / dpa / Frantzesco Kangaris
Von Anke Leweke · 16.07.2015
Die Doku "Amy" liefert viele private Aufnahmen der Sängerin Amy Winehouse und einiges an Erinnerungen - von Freunden und Weggefährten. Doch über sie als Sängerin und ihr Talent erfahren wir so gut wie nichts.
Natürlich schlägt uns die selbstbewusste Göre aus der Londoner Vorstadt in den Bann, wenn sie stimmgewaltig ein "Happy Birthday" anstimmt. Natürlich berührt uns die junge, aufgeregte Amy Winehouse, die nach mehreren Entzügen und Karriereeinbrüchen mit ihrem Idol Tony Bennett in den Abbey Road Studios steht und ihre Stimme wiederfindet.
Asif Kapadias Porträtfilm "Amy" bietet schöne und traurige, herzzerreißende und ausgelassene Momente. Über 1500 Stunden Archivmaterial hat Kapadia durchforstet - Homevideos, Konzertmitschnitte, Privatfotos, aufgezeichnete Handygespräche - und sie chronologisch zu einem Amy-Panorama sortiert.
Auch hat er Freunde, Liebhaber, Manager, Familienangehörige interviewt. Ihre Erinnerungen ergeben eine Art von persönlichem Kommentar, und sind nur aus dem Off zu hören.
Auf dem ersten Blick ist es eine schöne Idee, die Bilder selbst sprechen zu lassen. Man erlebt eine exzentrische Frau, die sich zu inszenieren weiß, die den Blick der Kamera provoziert, die aber nach und nach die Kontrolle über sich und ihr Bild verliert.
Nach einer gewissen Zeit fragt man sich jedoch, was eigentlich das Anliegen dieser Dokumentation ist. Neues über Amy Winehouse' Talent oder ihre Musik erfährt man nicht, überhaupt verliert der Film die Künstlerin und Sängerin zunehmend aus dem Auge und wird zu einer mehr oder weniger banalen Bebilderung ihres tragischen Suchtverhaltens.
Irgendwann hätte man doch gerne die Gesichter zu den Kommentaren gesehen, manche der Erinnerungen wirken wie zurechtgelegt, entschuldigend, aufgesagt oder befangen. Hätte die Kamera den Sprechenden wenigstens hin und wieder in die Augen geschaut, wären vielleicht noch andere Geschichten, Gefühle zum Vorschein gekommen.
Oder man hätte auf diese Weise die Bilder von Amy anders zum Sprechen gebracht oder sie wenigstens einmal in Ruhe, in der Länge eines Songs einfach mal singen lassen können.

"Amy"
USA 2015
Regie: Asif Kapadia
Länge: 127 Minuten

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