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Trickfilm, Computerkunst und Cyber-Karte

Ein Teilnehmer des 30. Chaos Communication Congress (30C3) des Chaos Computer Clubs (CCC) sitzt in Hamburg mit seinem Laptop in einem Becken mit weichem Verpackungsmaterial.
Die Surftipps im April versprechen Unterhaltung und Information. © picture-alliance / dpa / Bodo Marks
Von Jörg Schieb · 30.04.2014
Diesen Monat in den Surftipps: der Animationsfilm "Sintel", ein Online-Kunstwerk aus Computergeräuschen und -bildern und eine Landkarte mit Cyberattacken.
Animationsfilm komplett mit OpenSource-Software erstellt
Aufwändig gemachte Animationsfilme, die im Computer entstehen, sind im Kino derzeit der große Renner. In der Regel verwenden die Trickfilmprofis teure Spezial-Software, um die virtuellen Welten zu erschaffen und ihren Figuren Leben einzuhauchen. Doch es gibt auch eine komplett kostenlose 3D-Software, mit der sich professionelle Animationsfilme erstellen lassen.
"Blender" heißt diese Software - und sie kann erstaunlich viel. Wie viel, das zeigt der Animationsfilm "Sintel". Gut 15 Minuten lang und vom ersten bis zum letzten Bild perfekt gemacht. Ein Animationsfilm in der Qualität eines Hollywood-Blockbusters.
Der Film zeigt eine junge Frau, Sintel, die einige Abenteuer besteht. Mal im Schnee, mal in der Wüste, mal in den Bergen - und immer wieder erscheinen grimmige Kreaturen. Hier sind Mut und Wehrhaftigkeit angesagt. Unter springhin.de/sintel kann sich jeder den hervorragend gemachten Animationsfilm anschauen.
Das Besondere an Sintel: Der Film ist OpenSource. Die verwendete Software Blender ist OpenSource, aber auch alle, die an dem Film mitgemacht haben, haben das völlig freiwillig und unentgeltlich gemacht. Jeder darf den Film kostenlos zeigen. Es gibt praktisch kein Copyright.
Umso erstaunlicher, dass Sintel für einige Tage aus Youtube verschwunden ist. Ein Warnsystem hat Alarm geschlagen, wegen angeblicher Musikrechte. Das Problem konnte schnell als Irrtum enttarnt und gelöst werden. Seitdem ist Sintel wieder frei zugänglich - und auf jeden Fall wert, mal angeschaut zu werden.
Cachemonet - Die Computergeschichte als audiovisuelles Online-Kunstwerk
Aus den Boxen tönen typische Computergeräusche. Sound, die Windows in seinen unterschiedlichen Versionen beim Hoch- und Runterfahren, beim Aufpoppen von Fehlermeldungen oder beim Abrufen von E-Mails abspielt. Eine Endlosschleife dieser Sounds, die in jedem Büro zu hören sind, bereichert um Tastaturgeräusche und andere Soundeffekte - kunstvoll zusammengeschnitten, so dass eine eigene Melodie entsteht. Unter cachemonet.com kann sich jeder die ungewöhnliche Komposition anhören.
Doch es gibt nicht nur was zu hören, sondern auch zu sehen. Auf dem Bildschirm erscheint eine bunte Auswahl von Logos, Icons und Minigrafiken, die - hundertfach wiederholt - über den Bildschirm gleiten. Die Logos von Netscape, Nintendo, Windows oder MS-DOS erscheinen, danach Wölfe, Katzen und Cartoonfiguren, stets in grober Klötzchengrafik, als Animated GIF, animierte Minigrafik. So, wie man das vor gut zehn Jahren auf Webseiten gesehen hat.
Während der Sound in Endlosschleife läuft, hüpfen und tanzen die Minigrafiken über den Bildschirm, teilweise aus Tumblr-Blogs entnommen - und in komplett zufälliger Reihenfolge. Alle vier Sekunden ein neues Hintergrundbild. Wer mit der Maus auf eine beliebige Stelle klickt, holt jederzeit die jeweils nächste Grafik hervor. Jedes Mal sieht die Komposition anders aus. Das wirkt irgendwie vertraut - und auch beruhigend. Erdacht und umgesetzt wurde das multimediale Kunstprojekt von Tim Nolan, Lasse Korsgaard und Job Kidder aus den BBH Labs in London. Einfach mal anschauen, ausprobieren - und wirken lassen.
Cyberthread Realtime
Viren, Würmer, Trojaner: Es gibt unzählige digitale Schädlinge. Und sie befallen ständig unzureichend geschützte Rechner oder Mobilgeräte. Normalerweise lautlos. Die User bekommen davon nichts mit. Doch auf IT-Sicherheit spezialisierte Unternehmen registrieren solche Angriffe sehr wohl: Die Schutzprogramme melden in die Zentrale, wenn sie Bedrohungen oder Angriffe erkennen.
Und das kann man sichtbar machen. Die Cyberthread Realtime Map eines namhaften Anbieters visualisiert die aktuelle Bedrohungslage wie in einem Hollywood-Film. Unter cybermap.kaspersky.com kann jeder die Animation abrufen. Es erscheint ein Globus auf dem Bildschirm, der langsam rotiert und näher kommt. Überall sind bunte Punkte zu sehen, gelb, blau, rot - und jeder einzelne Punkt steht für eine, aktuelle Bedrohung. Gerade in diesem Augenblick entdeckt.
Die verschiedenen Farben visualisieren unterschiedliche Arten von Schadprogrammen und damit Angriffen. Einbruchsversuche sehen anders aus als Schnüffelattacken. Darüber hinaus erscheinen auch noch Linien. Die verbinden Angreifer und Opfer. Auf diese Weise entsteht ein eindruckvolles Bild, von wo besonders viele Angriffe ausgehen und wo gerade auffallend viele PCs angegriffen werden oder gefährdet sind.
Für IT-Experten sind das wertvolle Daten. Für weniger trainierten Normal-User entsteht bestenfalls ein Bild, wie akut die Bedrohungssituation ist. Optisch fast schon ästhetisch - obwohl das, was wir sehen, äußerst bedenklich und Besorgnis erregend ist. Wenn es aber den ein oder anderen dazu ermuntert, die Absicherung des eigenen PCs zu verbessern und Updates einzuspielen, ist schon eine Menge gewonnen.
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