Netanjahu in Washington

Angespanntes Verhältnis

Benjamin Netanyahu und Barack Obama, hier gemeinsam 2010.
Benjamin Netanyahu und Barack Obama, hier gemeinsam 2010: Inzwischen gilt das Verhältnis der beiden als zerrüttet. © picture alliance/dpa/Moshe Milner Government Press Of
Von Marcus Pindur, Studio Washington · 09.11.2015
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack Obama sind sich nicht sonderlich grün. Ihr letztes Treffen fand vor 13 Monaten statt. Dennoch sind sie aufeinander angewiesen: Netanjahu möchte in Washington ein Rüstungsabkommen unterzeichnen.
Es war eine weitere Provokation gegen US-Präsident Barack Obama. Am vergangenen Mittwoch nominierte der israelische Premier Benjamin Netanjahu einen neuen Regierungssprecher, Ron Baratz. Am Donnerstag wurde bekannt, dass dieser vor ein paar Monaten Obama als Antisemiten und Außenminister Kerry als kindisch bezeichnet hatte. Wenige Stunden später gab Netanjahus Büro bekannt, dass Baratz sich für diese Äußerungen entschuldige – doch der Schaden war wieder einmal angerichtet.
Baratz, der in einer Siedlung im Westjordanland lebt, ist eine weitere politische Besetzung, die der Obama-Administration ein Dorn im Auge ist. Israels UN-Botschafter Danny Danon ist ein Gegner der Zweistaatenlösung. Ron Dermer, der derzeitige israelische Botschafter in Washington, war vorher Mitarbeiter der US-Republikaner und hatte hinter dem Rücken Obamas den Auftritt Netanjahus vor dem US-Kongress organisiert. Dort hatte dieser heftig gegen das Nuklearabkommen mit dem Iran gewettert.
Die Einigung mit Teheran werde nicht verhindern, dass der Iran Nuklearwaffen bekomme, im Gegenteil, das Abkommen würde den iranischen Besitz von Atomwaffen sogar befördern, so Netanjahu im März vor beiden Kammern des amerikanischen Kongresses.
Beiderseitige Beziehungen auf dem Tiefpunkt
Doch das Abkommen ist unter Dach und Fach, und nun gilt es, Schadenbegrenzung zu betreiben. Das greifbare Ergebnis des Treffens soll die Fortschreibung des Rüstungskooperationsabkommens für die nächsten zehn Jahre sein. Damit gewinnt Netanjahu für Israel ein großes Stück Sicherheit und Obama kann demonstrieren, dass die Demokraten trotz aller Zerwürfnisse im Prinzip hinter Israel stehen – im kommenden Wahlkampf ein wichtiges Signal.
Ansonsten sind die beiderseitigen Beziehungen mangels politischer Übereinkunft auf einem Tiefpunkt angelangt. Das Weiße Haus hat die Hoffnung auf Fortschritte in den Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern für die verbleibende Amtszeit Obamas begraben.
Präsidentensprecher Josh Earnest sagte, man sei enttäuscht von den öffentlichen Äußerungen Netanjahus, dass ein Palästinenserstaat derzeit nicht möglich sei.
"Wir können weder den Israelis noch den Palästinensern eine Lösung aufzwingen. Wir haben seit langer Zeit gesagt: Die israelischen und palästinensischen Politiker tragen die Verantwortung dafür, die schwierigen Entscheidungen zu treffen, um diesen Konflikt zu lösen. Und demokratische und republikanische Präsidenten haben eine Zweistaatenlösung befürwortet."
Die derzeitigen Spannungen in Israel erleichtern die Lage nicht. Die US-Regierung hat den Präsidenten der Autonomiebehörde, Abbas, aufgefordert, die Mordwelle palästinensischer Täter nicht weiter anzustacheln. Doch dazu ist es zu spät, zumal Abbas bereits vor Monaten seine Abkehr von den in Oslo vereinbarten Verhandlungszielen, der sogenannten "roadmap" erklärt hatte.
Gemeinsame Linie gegen den Iran?
Für Obama und für Netanjahu geht es jetzt nur noch darum, das verbleibende Jahr des US-Präsidenten im Amt einigermaßen konfliktfrei hinter sich zu bringen. Dazu gehört auch, sich auf eine gemeinsame Linie gegen den Iran zu verständigen. Teheran unterstützt das Assad-Regime in Syrien mit Beratern, Waffen und Kämpfern der Hisbollah. Im Libanon häuft die Hisbollah zehntausende von Raketen an, die auf Israel gerichtet sind. Und die Flüchtlinge aus Syrien belasten den Libanon und Jordanien immer mehr.
Der Kampf der USA-geführten Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat gestaltet sich schwierig. Beide Regierungen sind deshalb auf eine funktionierende Zusammenarbeit angewiesen.
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