Nahles dementiert erste Namen für Steinbrücks Kompetenzteam

28.01.2013
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat einen Medienbericht entschieden zurückgewiesen, nachdem Kanzlerkandidat Steinbrück bereits erste Kandidaten für sein Kompetenzteam ausgewählt hat. Zunächst werde man sich auf die Themen wie soziale Gerechtigkeit, faire Mieten und faire Löhne konzentrieren.
Gabi Wuttke: Andrea Nahles strahlte: Schon kurz nach 18 Uhr am vorvergangenen Sonntag, als noch lange nicht klar war, dass die SPD mithilfe der Grünen Niedersachsen regieren würde; als der zukünftige Ministerpräsident Stefan Weil noch keinen Hehl daraus machte, dass die Sozialdemokraten in Berlin ihm den Wahlkampf nicht leicht gemacht hatten; als Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf diesen Vorwurf schon mit Reue reagiert hatte. Derzeit ist die Generalsekretärin der SPD in Potsdam bei der Vorstandsklausur ihrer Partei. Einen schönen guten Morgen, Andrea Nahles!

Andrea Nahles: Guten Morgen, Frau Wuttke!

Wuttke: In welchem Verhältnis müssen für Sie in den kommenden acht Monaten Optimismus und Fingerspitzengefühl stehen?

Nahles: In einem guten. Das ist eine ganz klasse Formulierung. So was braucht man immer.

Wuttke: Was jetzt? Fingerspitzengefühl oder Optimismus?

Nahles: Ich halte Optimismus für mindestens genauso wichtig wie Fingerspitzengefühl, aber ich würde mal behaupten, am Ende, wenn man dann im Wahlkampf ist, braucht man vor allem Optimismus.

Wuttke: Es sind ja noch acht Monate, und es ist die Frage, ob es von Fingerspitzengefühl zeugt, wenn die ersten Namen von Peer Steinbrücks Schattenkabinett weit vor dem Parteitag im April schon auf dem Markt sind.

Nahles: Wenn irgendeine Zeitung das geschrieben hat, selbst wenn es eine seriöse, große Zeitung ist – uns hat hier und wird auch in den nächsten Wochen nicht das Kompetenzteam, das vermeintliche, beschäftigen, sondern das Regierungsprogramm. Das entsteht nämlich jetzt in den nächsten Wochen, auch unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und von daher spielt das keine Rolle – jetzt das Programm, dann die Personen.

Wuttke: Aber die Personen stehen im Raum, das wird sich die Zeitung nicht aus den Fingern gesogen haben, zumal keiner dementiert hat. Also, irgendwoher muss das doch kommen?

Nahles: Also wissen Sie, es reicht jetzt auch mal, ja. Also, wir werden jetzt hier schon wieder in so eine Situation hineingetrieben, weil irgendeine Zeitung was in die Welt setzt, dass wir da, ja, Druck aufgebaut bekommen. Niemand hier in der Jahreseröffnungsklausur der SPD hat über diese Frage Kompetenzteam geredet. Es gibt nichts zu kommentieren. Das ist etwas, was uns hier beschäftigen wird, vielleicht viel später, jedenfalls nicht, bevor das Programm steht. Wir haben Mitte April einen Programmparteitag, und selbst dann wissen wir noch nicht, wann und wie genau über die Frage eines potenziellen Kompetenzteams dann zu entscheiden ist.

Wuttke: Warum sind Sie denn so verärgert, dass Sie sich unter Druck gesetzt fühlen?

Nahles: Ich bin einfach verärgert, weil Sie mich fragen, das muss ja doch irgendwie stimmen, weil es einer da reingesetzt hat, und von Namen reden, die da vielleicht spekulativ einfach stehen. Man kann – selbst, wenn ich mir überlegen würde, für eine andere Partei, wen die ins Schaufenster stellen wollen, ja, da kann man immer auf ein paar Namen kommen, die auf der Hand liegen, ja? Aber das hat doch mit dem, was wir hier diskutieren wollen, was jetzt wichtig ist, nämlich die Themen, da haben wir ja gestern sehr lange darüber geredet, über Kernthemen wie soziale Gerechtigkeit, Bildung durch Aufstieg, wie kann man das eigentlich auch für Leute, die keinen akademischen Abschluss haben, organisieren, und was weiß ich. Das sind die Sachen, die uns hier beschäftigen.

Wuttke: Aber Frau Nahles, die Medien sind auch Ihnen lieb und teuer. Wenn Ihr Parteichef noch mal an das Betreuungsgeld ran will, der Fraktionschef über den Bundesrat dem Mindestlohn näher kommen will und auf die Gefahr hin, dass Sie sich jetzt noch mehr ärgern: Ist Ihr Kanzlerkandidat in Sachen soziale Gerechtigkeit im Urlaub oder noch im Abklingbecken?

Nahles: Also Herr Steinbrück hat sehr stark auch in den letzten Monaten das Thema zum Beispiel Bekämpfung von Steuerhinterziehung und faire Mieten und Wohnpreise auch in den Mittelpunkt seiner Politik gestellt. Wir haben hier gestern wieder einen Aktionsplan für faire Mieten, für gutes Wohnen, für den Ausbau des Programms Soziale Stadt auch veröffentlicht, und das soll auch Thema sein, und das wird das ganze Jahr über Thema bleiben. Wir haben also vor, dazu Aktivitäten zu machen. Peer Steinbrück wird das auch zum Gegenstand einer eigenen Themenreise machen und so weiter. Das heißt also, er wird sich dieser klassischen Themen, die uns wichtig sind, auch persönlich annehmen, und das macht er nicht erst seit gestern oder weil jetzt Wahlkampf ist, sondern weil er davon überzeugt ist und weil er das auch schon seit vielen Jahren macht.

Wuttke: Aber seit vorvergangenem Sonntag ist es ziemlich ruhig um ihn. Warum ist er nicht derjenige, der die Themen der sozialen Gerechtigkeit vorantreibt?

Nahles: Die wichtigste Pressekonferenz dieser Jahreseröffnungsklausur findet heute statt, die macht Peer Steinbrück, und da wird er alle, glaube ich, in Kenntnis setzen, was sein Plan jetzt ist für die nächsten Monate. Und da wird eben genau das Kernthema der SPD, und das ist eben soziale Gerechtigkeit, faire Löhne, faire Mieten und so weiter, in den Mittelpunkt stellen.

Wuttke: Wie geht's da mit der Beinfreiheit für Sie und für ihn?

Nahles: Ich habe in dieser Beziehung kein Problem, das habe ich von Anfang an gesagt. Ein Kandidat muss auch eigene Akzente setzen, aber das findet alles auf der Ebene statt, dass man eben gemeinsam ein Regierungsprogramm erarbeitet, das ist das, was uns, wie gesagt, beschäftigen wird die nächsten Monate. Und in diesem Rahmen wird eben Peer Steinbrück auch seine eigenen Akzente setzen. Das ist in der SPD auch völlig akzeptiert und das ist auch nichts Ungewöhnliches.

Wuttke: Sagt Andrea Nahles, die Generalsekretärin der SPD in der Ortszeit von Deutschlandradio Kultur. 6:54 Uhr. Besten Dank!

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