Nachhaltigkeit

Wie geht ein Leben ohne Plastik?

Ein Mann trägt Einkäufe in mehreren Plastiktüten
Einkäufe in Plastiktüten © dpa / picture alliance / Wolfram Steinberg
Gäste: Journalistin Nadine Schubert / Dr. Benjamin Bongardt vom NABU · 08.04.2017
Plastik ist ein Problem, denn es verrottet nicht. Gigantische Mengen davon verseuchen die Meere, Mikroplastik gelangt in die Bäuche von Fischen und so in unsere Nahrung. Dass ein Leben ohne Plastik möglich ist und gar nicht so schwer, zeigt Nadine Schubert. NABU-Experte Benjamin Bongert nimmt die Politik in die Verantwortung.
Weltweit werden pro Jahr fast 300 Millionen Tonnen Plastik produziert. Allein in Deutschland fallen über 17 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an – Tendenz steigend. Die Folge: Eine gigantische Müllmenge, deren Spuren auch in den letzten Winkeln der Erde zu finden sind. In den Meeren treiben riesige Müllteppiche, Mikroplastik verseucht Fische und Meeresbewohner und gelangt so auch in unsere Nahrungskette. Mit dem bisher produzierten Kunststoff könnte die Erde sechsmal komplett eingewickelt werden.
"Niemand muss Plastik kaufen", sagt Nadine Schubert. Die Journalistin und zweifache Mutter lebt nahezu plastikfrei.
"Ich würde immer zuerst in der Küche anfangen. Milch und Joghurt gibt es auch im Glas, statt Plastik. So funktioniert das zum Beispiel bei Ketchup, Senf und Honig. Obst und Gemüse lieber lose statt abgepackt kaufen. Und bitte kein Duschgel mehr verwenden, sondern zum Stück Seife greifen. Dazu muss man wissen, dass hier nicht nur die Verpackung schadet, sondern auch der Inhalt. Viele Pflegeprodukte sind nämlich mit Mikroplastik versetzt."
Ihre Tipps und Rezepte hat sie in ihrem Ratgeber "Besser leben ohne Plastik" zusammengefasst; sie gibt sie auch in Seminaren weiter. Und wenn Plastik nötig ist, zum Beispiel in Geräten, dann sollte man auf Qualität achten – und dass diese auch repariert werden können. Ihr Motto: "Wiederverwerten ist besser als recyceln – und ein erster Schritt in ein besseres Leben."
Mehr als 5000 gebrauchte Plastiktüten am Strand von Niendorf in Schleswig-Holstein, Aufnahme vom Juli 2013
Mehr als 5000 gebrauchte Plastiktüten am Strand von Niendorf in Schleswig-Holstein, Aufnahme vom Juli 2013© picture alliance / dpa

Hauptverantwortung bei der Politik

"Deutschland wird auch in den nächsten fünfzehn Jahren nicht plastikfrei werden. Aber es ist zumindest möglich, die Plastikflut einzudämmen", sagt Dr. Benjamin Bongardt, Leiter der Ressourcenpolitik beim Naturschutzbund Deutschland NABU. Auch der NABU hält die Verbraucher an, weniger Plastik zu verbrauchen. Die Hauptverantwortung liege aber bei der Politik:
"Der Weg zu weniger Kunststoffverbrauch führt über gesetzliche Regelungen, die Ressourcenverschwendung über Sonderabgaben unrentabel machen, ein Umdenken in der Wirtschaft zu nachhaltigen Produktionen sowie über den Druck der Verbraucher, die über bewusste Kaufentscheidungen den Handel zu weniger Einsatz von Kunststoffverpackungen bewegen."
Das Hauptproblem: Plastik sei viel zu billig, werde daher im Übermaß verwendet, verschwendet – und nicht wertgeschätzt. Seine Mahnung:
"Plastik verschwindet nicht einfach so, denn es verrottet nicht. Noch in Hunderten von Jahren wird jedes einzelne Stück Plastik, das jemals hergestellt und nicht verbrannt wurde, irgendwo auf der Erde existieren."
Plastikmüll vermeiden – aber wie? Darüber diskutiert Matthias Hanselmann heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Nadine Schubert und Benjamin Bongardt. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.

Anneliese Bunk, Nadine Schubert: "Besser leben ohne Plastik"
oekom-Verlag, Februar 2016,
212 Seiten, 12,95 Euro

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