Nach Spitzentreffen in Paris

Panzer verlassen die Ost-Ukraine

Kanzlerin Merkel (l), der russische Präsident Putin, der ukrainische Präsident Poroschenko und der französische Präsident Hollande
Kanzlerin Merkel (l), der russische Präsident Putin, der ukrainische Präsident Poroschenko und der französische Präsident Hollande am 2. Oktober in Paris. © imago/Itar-Tass
Von Florian Kellermann · 03.10.2015
Beim Spitzentreffen zur Ukraine in Paris sollen sich der russische Präsident Putin und der ukrainische Präsident Poroschenko zwar erst auf Drängen der Kanzlerin die Hände geschüttelt haben. Trotz der frostigen Stimmung stehe aber der Abzug von Panzern unmittelbar bevor.
Unmittelbar nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Paris kündigte der ukrainische Präsident Poroschenko weitere Schritte an, um die Lage im Osten des Landes weiter zu deeskalieren.
"Wir beginnen heute, am Samstag, mit dem Abzug der Artillerie. Unseren Beschlüssen zufolge wird dieser Prozess 41 Tage dauern. Wir werden alles umsetzen, worauf wir uns bei den Verhandlungen im Normandie-Format geeinigt haben, im Februar in Minsk und auch jetzt in Paris."
Tatsächlich halten beide Seiten den Waffenstillstand in der Ostukraine inzwischen vollständig ein. Dies war eine Bedingung dafür, dass Konfliktparteien mit dem Abzug ihrer Artillerie beginnen. Ziel ist es, eine Pufferzone von 30 Kilometern zu schaffen. Auch die Separatisten im Bezirk Luhansk, wo die Demilitarisierung beginnt, wollen heute die ersten Panzer abtransportieren.
Die ukrainischen Medien betonen, wie angespannt das gestrige Treffen gewesen sei. Ihrer Darstellung nach hätten Poroschenko und der russische Präsident Putin sich kaum gegenseitig angesehen. Angela Merkel habe die beiden genötigt, sich die Hand zu schütteln, schreiben die Zeitungen in Kiew. Die Bundeskanzlerin war gestern darauf bedacht, die bisherigen, wenn auch bescheidenen, Erfolge zu betonen:
"Auf der Habenseite haben wir, dass der Waffenstillstand ab 1. September hält."
Die Resultate des Treffens in Paris formulierte sie betont vorsichtig:
"Ich glaube, dass wir das, was heute erreichbar war, erreicht haben."
Terminverschiebung bis ins kommende Jahr
Das greifbarste Ergebnis: Die Separatisten werden nicht, wie von ihnen angekündigt, auf eigene Faust Kommunalwahlen abhalten. Allerdings wird es im Donezbecken zunächst auch keine Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht geben. Das hatte der Vertrag von Minsk bis zum Jahresende vorgesehen. Nun verschiebe sich dieser Termin bis ins kommende Jahr, erklärte der französische Präsident Francois Hollande.
Dafür werde das ukrainische Parlament ein gesondertes Wahlgesetz verabschieden. Die Modalitäten solle die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe erarbeiten – Russland und die Separatisten bekommen demnach ein Mitspracherecht.
Diese und auch andere Aussagen der Spitzenpolitiker in Paris sorgen in der Ukraine für Beunruhigung. Vor allem die Amnestie für die Separatisten, von der Merkel sprach, ist in der Ukraine hochumstritten. Präsident Poroschenko hatte im Inland immer betont, so eine Amnestie könne nur für Personen gelten, die sich keiner schwerer Verbrechen schuldig gemacht hätten. Das klang in Paris nun anders.
Poroschenko ging darauf bisher nicht ein, er betonte gegenüber Journalisten die Punkte, die er als Erfolg für die Ukraine wertete, etwa, dass die Sanktionen gegen Russland vorerst bestehen bleiben:
"Die Sanktionen des Westens sind ein Instrument, dass Moskau dazu bringen soll, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Da hat Russland noch viel Arbeit vor sich."
Auch in einem anderen Punkt habe der ukrainische Präsident offenbar nachgegeben, meinen Beobachter: Merkel und Hollande hatten angedeutet, dass die Ukraine erst nach den Kommunalwahlen im Donezbecken die volle Kontrolle über die Ostukraine zurückerhalten soll. Die Ukraine hatte bisher darauf bestanden, dass die Kontrolle – insbesondere über die Grenze zu Russland – die Voraussetzung für Wahlen sein müsse.
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