Nach der Griechenland-Wahl

"Verlust politischer Kultur" durch niedrige Wahlbeteiligung

Der Übersetzer und Sänger Iannis Kalifatidis
Der Übersetzer und Sänger Iannis Kalifatidis im Studio in Athen, von wo Deutschlandradio Kultur sendet. © Deutschlandradio / Stephanie Cisowski
Iannis Kalifatidis im Gespräch mit Liane Von Billerbeck · 23.09.2015
Die alte griechische Regierung ist auch die neue: eine Koalition aus linksgerichteter Syriza und rechtspopulistischer Anel. Iannis Kalifatidis, literarischer Übersetzer von deutschen Schriftstellern, fasst die Stimmung im Land zusammen.
Man müsse anerkennen, dass Tsipras mit seiner Partei Syriza nun ohne innerparteiliche Opposition in der Lage sei, das Sparprogramm und den Reformprozess durchzuführen, so wie das die Geldgeber fordern, sagt Kalifatidis. Es sei allerdings sehr traurig, dass die Wahlbeteiligung mit 55 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht habe. Dies stelle für ihn einen Verlust von politischer Kultur dar und spräche für Resignation und Hoffnungslosigkeit in der Gesellschaft.
Drittstärkste Kraft im Parlament wurde die neofaschistische Partei Goldene Morgenröte. Sie wurde von 11 Prozent der 18- bis 24-Jährigen gewählt. In Krisenzeiten habe der Faschismus einen fruchtbaren Boden, um wieder aufzublühen, meint Kalifatidis.
Der preisgekrönte Übersetzer Iannis Kalifatidis ist auch Musiker und Songschreiber der Band Penny Dreadful. Sie wurde vor fünf Jahren gegründet, mitten in der Krise. "Um unser zweites Album aufzunehmen und zu veröffentlichen, fehlen uns die Mittel", beklagt Kalifatidis, der unter anderen die Schriftsteller Stefan Zweig, E.T.A. Hoffmann oder G.W. Sebald ins Griechische übersetzt hat.

Iannis Kalifatidis begleitet als Komoderator von Liane von Billerbeck die Zuhörer durch unsere Sondersendung "Griechische Perspektiven".

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