Nach dem APEC-Gipfel

Chinas Doppelstrategie in Asien

Der chinesische Präsident Xi Jinping bei einer Pressekonferenz am Rande des APEC-Gipfels in Peking.
Der chinesische Präsident Xi Jinping © dpa / EPA / How Hwee Young
Von Ruth Kirchner · 15.11.2014
Auf dem APEC-Gipfel in dieser Woche hat sich China wieder einmal großzügig gezeigt - und den Pazifik-Anrainern milliardenschwere Kredite versprochen. Doch von ihren Ansprüchen in der Region rückt die Führung in Peking nicht ab, meint Ruth Kirchner.
China kippte diese Woche das Füllhorn über Asien aus. Manchen Beobachtern wurde ganz schwindelig angesichts der vielen Versprechungen: 32 Milliarden Euro für einen Seidenstraßen-Fonds, mit dem die Transportwege in der asiatisch-pazifischen Region ausgebaut werden sollen. Zuvor hatte Peking bereits 40 Milliarden Euro Startkapital für eine neue asiatische Infrastruktur-Bank angekündigt. Beim ASEAN-Gipfel in Myanmar dann weitere Zusagen: China schlug den Ländern Südostasiens einen Freundschaftsvertrag vor und versüßte das Angebot mit der Aussicht auf 16 Milliarden Euro für Vorzugs- und Sonderkredite.
Auch diplomatisch bewegte sich China souverän auf dem Parkett, sprach sich in Myanmar für einen Verhaltenskodex in den umstrittenen Gewässern des Südchinesischen Meeres aus – um Konflikte frühzeitig zu entschärfen. Zuvor hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping dem japanischen Ministerpräsidenten in Peking die Hand geschüttelt – auch das eine, wenn auch widerwillige, Geste der Versöhnung mit dem Rivalen und Kontrahenten im Ostchinesischen Meer.
Präsentierte sich diese Woche also ein neues China, das sich als vermittelnde und ausgleichende Regionalmacht versteht und nicht – wie sonst so oft – als säbelrasselnder Macho, der sofort Kriegsschiffe schickt, wenn die kleineren Nachbarn nicht kuschen?
Wirkliche Zugeständnisse hat China nicht gemacht
Schön wär's. Tatsächlich ist aber alles, was China bislang versprochen hat, an Bedingungen geknüpft. Verhaltenskodex fürs Südchinesische Meer ja, aber Verhandlungen über Territorialstreitigkeiten weiter nur bilateral. Wirkliche politische Zugeständnisse hat China also nicht gemacht, denn an seinen Ansprüchen, dass das Südchinesische Meer so gut wie komplett zu China gehört, auch daran hält Peking ja weiterhin fest. Und nimmt bei der Verteidigung dieser Ansprüche jederzeit begrenzte Konfrontationen wie zuletzt mit den Philippinen oder Vietnam in Kauf.
China fährt also eine Doppelstrategie. Mal Kooperation, mal Konfrontation. Mit dem Geldsegen bei APEC und ASEAN geht es China aber auch noch um etwas anderes: Die Vereinigten Staaten, die traditionelle Ordnungsmacht im Pazifik, sind nach der Wahlschlappe von Obama bei den Kongress-Wahlen deutlich geschwächt. Er gilt nicht nur zuhause als "lame duck", als lahme Ente. Diese Schwäche versucht China auszunutzen, versucht mit seinem wirtschaftlichen Einfluss, die Region neu auszurichten. Denn wer Vorzugskredite von Peking bekommt, der wird sich kaum gegen Chinas Ansprüche sperren können.
Hässliche Seite der chinesischen Doppelstrategie wird bald wieder sichtbar
Was genau Chinas Ambitionen sind, bleibt bewusst im Unklaren. Beim APEC-Gipfel hat Xi Jinping nicht nur sein bekanntes Schlagwort vom chinesischen Traum benutzt, sondern auch vom asiatisch-pazifischen Traum gesprochen. Ist das der Traum vom Wohlstand für alle? Oder Xis Traum, dass China auf seinen rechtmäßigen Platz in der Mitte der Welt zurückkehrt, der alle anderen Nationen dazu zwingt, Chinas Interessen zu berücksichtigen?
Offen ausgesprochen werden solche Gedanken in China selten. Die Führung umgibt sich lieber mit wolkigen Formulierungen von Partnerschaften, Win-Win und gegenseitigem Respekt. Die Volksrepublik weiß genau um die Ängste in der Region vor der Dominanz der Chinesen. Umarmen und umgarnen lautete daher in dieser Woche die Strategie. Sobald aber der Gipfel-Marathon vorbei ist, dürfte auch die hässliche Seite von Chinas Doppelstrategie wieder sichtbar werden.
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