Musikunterricht

Starpianist macht Schule

Der chinesische Pianist Lang Lang bei einem Konzert bei den UN in New York.
Lang Lang bei einem Konzert bei den UN in New York. © AFP
Von Claus Fischer · 14.11.2014
Wie wird man ein großer Pianist? Ohne Spaß am Üben bestimmt nicht, glaubt der chinesische Starpianist Lang Lang. Er hat ein fünfbändiges Lehrbuch konzipiert, dass Kindern mit viel Fantasie Spielfreude vermittelt.
"Begrüßen Sie mit einem ganz großen Applaus…"
Egal wo er hinkommt, Lang Lang wird gefeiert wie ein Popstar. Mit seinem Charme nimmt er das Publikum sofort für sich ein. Und er hat eine Mission, nämlich Kinder und Jugendliche, die bereits Klavier lernen, für ihr Instrument zu begeistern.

Lang: "Ich möchte den jungen Leuten zeigen, dass es unheimlich viele Dinge gibt, die sehr spannend und interessant sind."
"Ich muss gestehen, ich war anfangs ein bisschen skeptisch",
sagt Wolfram Schmitt-Leonardy, Professor für Klavier an der Münchner Musikhochschule.
Sommercamps für Kinder und Jugendliche
"Weil ich dachte, wie kann jemand der so viel spielt, so viel unterwegs ist, das auch wirklich ernst meinen. Aber ich bin wirklich, nachdem wir zusammengearbeitet haben überzeugt davon, dass es ihm ein Anliegen ist."
Lang Langs Klavierschule in Buchform ist aus der Praxis heraus entstanden. Seit Jahren veranstaltet der Starpianist nämlich Sommercamps für Kinder und Jugendliche.
Schmitt-Leonardy: "Sein großes Plus ist natürlich, dass er den Spaß und diese Emotionalität sehr gut vermitteln kann, und die Tatsache, dass er natürlich auch ein Popstar der Klassik ist, lässt ihn da auch noch ein bisschen weiterkommen mit den Kindern, weil das einfach für die ein großes Erlebnis ist, dem Lang Lang auf die Finger schauen zu können und direkt hautnah mit ihm arbeiten zu können. Es geht ihm darum, seine Erfahrung nicht als trockene Theorie zu verkaufen, sondern als etwas, dass ihn sehr berührt."

Lang: "In jedem dieser ersten fünf Bände gibt es jeweils acht Unterrichtseinheiten. In jeder Einheit geht es um ein spezielles Thema. Um die Dynamik, um die Akkorde oder um den Gebrauch der linken Hand zum Beispiel. All die Probleme, die man eben so hat als Pianist. Es geht darum: Wie schaffe ich, dass die Musik, die ich spiele wirklich meine Musik ist."
"Er trifft eigentlich immer den Nagel auf den Kopf"
Schmitt-Leonardy: "Da geht es stellenweise um ganz simple technische Dinge, wie falsche Töne, aber auch darum, wie man Farben und eine Klangbalance erzeugen kann, wie man Pedale einsetzt, wie man rhythmisch gestalten muss. Das ist ein Ineinandergreifen von sehr, sehr vielen verschiedenen Dingen, durchaus auf einem hohen künstlerischen Niveau, aber er macht es mit einem treffsicheren Instinkt, trifft eigentlich immer den Nagel auf den Kopf."

Lang: "Legato spielen heißt, Du musst die Finger ganz eng an den Tasten lassen. Denk beim Spielen, dass Deine Hand wie ein Gecko ist, dass da Saugnäpfe dran sind, das ist Legato."
Schmitt-Leonardy: "Diese Übungen behandeln immer ein bestimmtes technisches Problem, sei es nun Legatospiel oder der Pedaleinsatz oder staccato. Also er gibt dann immer seine persönlichen Tipps, was ihm geholfen hat, als er klein war und was ihm jetzt noch hilft, wenn er auf der Bühne steht."
Auf Augenhöhe mit den Kindern
Mit viel Fantasie und immer auf Augenhöhe spricht Lang Lang die acht- bis zehnjährigen Kinder an. Für sie sind die ersten fünf Bände der Klavierschule bestimmt. Die weiteren, die in den nächsten Monaten erscheinen werden, richten sich dann an Jugendliche und junge Erwachsene. Als Ergänzung zu seinen Übungseinheiten bringt Lang Lang eine Auswahl von Klavierstücken, mit denen das jeweils Erlernte vertieft werden kann. Gefunden hat er sie bei seinen zahlreichen Tourneen durch die ganze Welt.
Lang: "Das sind nicht nur die traditionellen, klassischen Kompositionen aus Europa. Sondern es sind auch zum Beispiel Stücke aus China dabei, aus Südamerika oder Afrika. Denn heutzutage ist Musik global, auch und gerade die klassische Musik."
Dieses Stück in chinesischem Volkston hat Lang Lang selbst komponiert, als er fünfzehn Jahre alt war. Es war eine Prüfungsaufgabe an seiner Schule, die er gern erfüllt hat. Das, so sagt er, war aber bereits die Kür, nicht die Pflicht.
Lang: "Als ich ein Kind war, da habe ich jeden Tag anderthalb Stunden Fingerübungen machen müssen, bevor ich Literatur spielen durfte, Tonleitern, Arpeggios, das ganze Programm. Für mich war das kein Problem, nur für unsere Nachbarn (lacht)."
Kein systematisches Unterrichtssystem
"Er macht eigentlich den Klavierschülern nichts vor", betont Wolfram Schmitt-Leonardy.
"Er sagt – das steht im Vorwort – es gibt keine Abkürzung, um das Klavierspiel zu meistern, aber es gibt sehr wohl einen Weg, der Spaß machen kann und einen, der nur beschwerlich ist."
Lang Langs Klavierschule ist, das dürfte klar geworden sein, kein systematisches, geschlossenes Unterrichtssystem. Die Bücher können aber eine sinnvolle und interessante Ergänzung zum normalen Klavierunterricht sein, weil sie eben den Spaß am Üben wecken. Dadurch, so Klavierprofessor Wolfram Schmitt-Leonardy, befördert der chinesische Starpianist auch die musikalische Bildung in Deutschland.
"Er leistet mit Sicherheit einen Beitrag dazu. Aber letzten Endes spielt sich die Ausbildung von jungen Musikern auch in der Familie ab, die Eltern müssen Musikunterricht bezahlen. Wenn zuhause kein Klavier ist, dann nützt uns jeder Lang Lang nichts."
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