Musiktrend Fashwave

Made by Cybernazi, Xurious und Stormcloak

Die Tasten eines Midi-Keyboards aus Kunststoff.
Midi-Keyboard: Auch für sphärische Klänge mit rechtsextremen Texten einsetzbar © picture alliance / dpa / Maximilian Schönherr
Von Martin Böttcher · 12.01.2017
Auch die Musik haben die Rechten schon tief infiltriert. Das Neueste: "Fashwave" mit düsteren Synthie-Melodien.
Sie nennen sich Cybernazi, Xurious oder Stormcloak – und sie machen, was so viele junge Menschen machen: sie produzieren Musik im kleinen Heimstudio, am Rechner. Nicht besonders gut, wie man hier gerade hören konnte, aber auch nicht weiter auffällig.
Wären da nicht die Namen – und Songtitel wie Right Wing Surf Squad, Team White, Fight for the Western Civilisation. Sehr flächig gespielte, elektronische Synthie-Musik – oder auch Synth-Wave. Cybernazi und Co haben einen eigenen Begriff dafür: Fashfave. Fash von Faschismus.
Wie viele Produzenten es wirklich gibt – und wie viele Fans, die sich diese Musik anhören, darüber gibt es keine Zahlen. Aber Fash-Wave ist in Mode gekommen in der so genannten Alt-Right-Bewegung, den sich hip gebenden Neonazis 2.0.

Auch Donald Trump wird gebührend gefeiert

In denselben Foren, in denen die Alt-Rights lautstark ihre Unterstützung für Donald Trump verkündeten, werden die Fashwave-Tracks in Massen geteilt. Und manchmal taucht der Meister auch selbst auf.
Musikalisch nicht besonders spektakulär – aber letztendlich nichts anderes als nach Obamas Wahlsieg mit umgekehrten Vorzeichen. Auch da gab es Songs, die sich an seinen Reden bedienten – aber eben eine hoffnungsvolle Zukunft versprachen.
Georg Hösler-Weiß ist Autor. In seinem Buch "Brauner Filz im schwarzen Schafspelz" beschäftigt er sich mit rechtsradikalen Tendenzen in der Musik. Für ihn ein herausragendes Merkmal jeglicher rechter Musik: dass die Urheber und Hörer sich damit vom Mainstream abgrenzen wollen:
"Deshalb bin ich auch so ein bisschen überrascht von dieser Entwicklung, von diesem Fashwave. Ich hätte gedacht, dass es um diese Abgrenzung zu schaffen, dass es immer radikaler werden muss, immer härter. Und dass sie sich jetzt diesen ganz neuen Weg finden, lässt sich vielleicht erklären, aber das ließ sich nicht vorhersagen, zumindest nicht von mir."

Musikalisch radikal ist Fashwave nicht

Radikal ist diese Musik wirklich gar nicht, eher einlullend, chillig. Sie spielt viel mit klischeehaften Sounds aus den 80-ern, zitiert die Filmmusik von John Carpenter oder auch die ambienthaften Flächen von Brian Eno oder Tangerine Dream – wie Synthwave im allgemeinen.
Die Fashwave-Musik wird dazu mit ebenfalls sehr 80-er-lastigen Videos und Fotos kombiniert, aber zum Neonlicht kommen dann noch Hakenkreuze – Fashwave gibt sich modern.
"Die so genannten Nazi-Hipster, dass die dann auch mit Krümelmonster-T-Shirts auf irgendwelchen Nazi-Aufmärschen sprechen. Das ist schon, glaube ich, der Sprung aus der Schmuddelecke. Man erkennt Nazis heute ja nicht mehr, das ist ja nicht mehr der Oi-Skin der 80er, der auf ein ganz kleines Spektrum beschränkt war."
Schon einmal kam der Verdacht auf, dass elektronische Musik irgendwie rechte Musik sein könnte – damals, Anfang der 80-er, schockierten Deutsch-Amerikanische Freundschaft einen Teil der Öffentlichkeit. Aber egal, wie man zu den Texten des deutschen Duos steht – sie selbst waren keine Nazis und wollten auch kein explizit rechtes Publikum ansprechen. Sänger Gabi Delgado erinnert sich:
"Beim 'Mussolini' hatte ich nur das Wort Mussolini im Kopf, weil mir das lautmalerisch ganz dada-mäßig gefallen hat ... Mussolini. Und als ich dann in der Gesangskabine war, da kam dieser Track und ich dachte mir: Jetzt sagst du einfach mal Mussolini. Tanz den Mussolini – das ist gut! Und wenn ich Mussolini sage, dann sage ich auch Adolf Hitler. Und Jesus Christus. Und Kommunismus. Das sage ich halt alles. Fertig. Aber es war nicht so, dass wir uns fragten: Wie können wir jetzt provozieren? Aber als wir es dann hatten, wussten wir, dass das eine Riesenprovokation ist, ja."

Ein Fashwave-Superstar ist nicht in Sicht

Robert Parker, den wir hier gerade hören, hat auch nichts mit der Rechten zu tun. Trotzdem tauchen seine Songs immer wieder in Fashwave-Playlisten auf. Grund: die selbst produzierenden Musik-Nazis schaffen es nicht, gute Songs zu produzieren — Robert Parker aber schon.
Wie er sich dagegen wehren kann, so eingemeindet zu werden, weiß er aber auch nicht. Vielleicht muss das für den Augenblick genügen: Ein Fashwave-Superstar, ein Frei.Wild der Synthieszene, ist nicht in Sicht, gut möglich, dass sich das auch wieder alles im Sande verläuft – glaubt zumindest Autor Georg Hösler.
"Es ist ja jetzt auch nicht so, dass das jetzt wirklich die großen Komponisten sind. Da werden ja auch Samples von bekannten Musikern geklaut und rechts aufgepimpt. Das zeigt ja auch, dass die musikalische Szene ist noch nicht so weit, der Kontakt wird eher über den Inhalt hergestellt."
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