Musikfest Berlin mit DSO und Jakub Hrůša

Gegen die maschinelle Versklavung

der Dirigent Jakub Hrůša
der Dirigent Jakub Hrůša © Zbynek Maderyc/DSO
11.09.2016
Das Musikfest Berlin ist ein Orchesterfestival. An diesem Abend leitet Jakob Hrůša das DSO Berlin. Robyn Schulkowsky spielt das neue Schlagzeugkonzert von Olga Neuwirth, außerdem gibt es Musik von György Ligeti und Antonín Dvořák.
Mit einem Konzert beim Musikfest Berlin eröffnet das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin seine neue Spielzeit. Auf dem Programm steht neben Werken von Ligeti und Dvořák die Deutsche Erstaufführung von Olga Neuwirths Schlagzeugkonzert "Trurliade – Zone Zero". Den Solopart übernimmt die Multi-Perkussionistin Robyn Schulkowsky anstelle von Martin Grubinger, der seine Teilnahme aus persönlichen Gründen absagen musste. Die musikalische Leitung hat Jakub Hrůša.
Der polnische Schriftsteller Stanisław Lem, die Schweizer Künstler Jean Tinguely sowie Fischli und Weiss, aber auch der computergesteuerte Wertpapierhandel im Mikrosekundenbereich – all das spielt eine Rolle im neuen Schlagzeugkonzert der österreichischen Komponistin Olga Neuwirth. Die zunehmende Unterwerfung des Menschen unter einen elektronisch-maschinell vorgegebenen Takt, der Verlust individueller Freiheit und Flexibilität im Zuge eines umfassenden "Funktionierens" ist die gesellschaftspolitische Basis für ihr neues Werk, das für das Lucerne Festival entstand und jetzt erstmals in Deutschland zu hören ist.
Olga Neuwirth hat sich mit der Mechanisierung von Lebensbereichen immer wieder künstlerisch auseinandergesetzt, auf eine vielschichte und komplexe Weise, die nostalgieträchtige Maschinenstürmerei ebenso ausschließt wie blinden Fortschrittsglauben. Und so stellt sie auch in ihrem Schlagzeugkonzert die Frage, "ob die steigende Automatisierung uns bereits versklavt hat oder ob das Versprechen von individueller Freiheit, von unabhängigem politischem und emotionalem Handeln noch mit der bestehenden kybernetischen Kontrolle vereinbar ist". Dabei habe sie, so Neuwirth, in "Trurliade – Zone Zero" auch "ein paar Lowtech-Apparaturen eingeschmuggelt".
Für Martin Grubinger, der die Teilnahme an diesem Projekt aus persönlichen Gründen absagen musste, übernimmt in Berlin die Schlagzeugerin Robyn Schulkowsky den Solopart, renommierte Spezialistin für die zeitgenössische Avantgarde.
Eingerahmt wird die Deutsche Erstaufführung von Olga Neuwirths Schlagzeugkonzert von zwei Frühwerken, die beide erst mit jahrzehntelanger Verzögerung wahrgenommen wurden. Genau zwanzig Jahre liegen zwischen zwischen der Entstehung und der Uraufführung von György Ligetis "Concert Românesc". Ligeti schrieb dieses Werk im Jahr 1951, er orientierte sich stilistisch am großen Vorbild Bartók und an rumänischer Volksmusik. Das Verbot dieses Werks trug maßgeblich dazu bei, dass Ligeti Ungarn verließ und im Westen einer der renommierten zeitgenössischen Komponisten wurde.
18 Jahre musste Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 4 auf ihre Uraufführung warten. Die Sinfonie entstand 1874, da war der Komponist 33 Jahre alt, so gut wie unbekannt und mittellos. Daran änderte auch diese Sinfonie nicht viel. Und bis heute steht sie im Schatten ihrer berühmteren Schwesterwerke.
Mit dem tschechischen Dirigenten Jakub Hrůša, dem neuen Chefdirigenten der Bamberger Symphoniker, steht ein Spezialist am Pult, der diesen unterschätzten Werken die gebührende Aufmerksamkeit widmet.
Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie
György Ligeti
"Concert Românesc" für Orchester
Olga Neuwirth
"Trurliade - Zone Zero" für Schlagzeug und Orchester (Deutsche Erstaufführung)
ca. 20.55 Uhr Konzertpause
Antonín Dvořák
Symphonie Nr. 4 d-Moll

Robyn Schulkowsky, Schlagzeug
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Jakub Hrůša