Musik-Festivals in der Provinz

Tanzen im Tagebau

Kräne werden beim Melt!-Festival in buntes Licht getaucht.
Kräne werden beim Melt!-Festival in buntes Licht getaucht. © Melt! / Stephan Flad
26.08.2015
Sie heißen Melt!, splash!, Fusion, Feel oder SonneMondSterne: Musikfestivals in ländlichen Gebieten Deutschlands haben Konjunktur. Wo früher Tausende in der Braunkohle-Industrie arbeiteten, wird nun getanzt.
Julia Köhler, Dozentin der Hochschule Mittweida, hat in ihrer Doktorarbeit die regional-ökonomischen Effekten des Melt!-Festivals nahe Gräfenhainichen in Sachsen Anhalt untersucht. 2011 haben die Besucher demnach in der Region etwa 1,3 Millionen Euro ausgegeben. Supermärkte, Tankstellen, Gastronomie und Einzelhandel hätten stark profitiert.
Außerdem zeigte sich, dass jeder fünfte Festivalteilnehmer auch Interesse an touristischen Ausflügen zum Bauhaus nach Dessau oder in die Lutherstadt Wittenberg hätte. Durch solche Kooperationen lasse sich das touristische Potential der Musikfestivals noch stärker ausschöpfen.
Aquakultur im Abraumgebiet
Anna Dierking schreibt gerade ihre Masterarbeit an der TU Berlin zum produktiven Potenzial des Gremminer Sees am Standort Ferropolis. Hier findet auf der Halbinsel das Melt! statt. Der Studierenden genügt die touristische Nutzung der neuen Seenlandschaften in den ehemaligen Braunkohleabbau-Gebieten nicht. Sie hat ein Konzept zur Algen- und Fischzucht im Gremminer See erarbeitet.
Alles soll in einem Kreislaufsystem in mehreren Containern, den sogenannte Aquapods, im See geschehen. Am Ende ist das Wasser des Sees gereinigt, Fische können gefangen werden und Algen zur Biogas-Verstromung genutzt werden.
Temporäre Jobs durch Festivals
Martin Salchow ist Berliner und gehört zu den Mitorganisatoren des Feel-Festivals, das nun erstmals im Juli am Bergheider See nahe Finsterwalde im Süden Brandenburgs stattfand. Mit dem viertägigen Festival ließen sich keine Arbeitsplätze im ehemaligen Braunkohleabbaugebiet schaffen, aber es könne temporär für Arbeit sorgen bei den Hotels, den Bauunternehmen und im Einzelhandel.
Die Einheimischen hätten die jungen Festivalmacher offen begrüßt. Das Gelände um das "Besucherbergwerk Abraumförderbrücke F60" sei die 130 Kilometer Fahrt von Berlin auf jeden Fall wert.
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