Museen jenseits der Norm (4)

Wo ein Pottwalpenis das Highlight ist

Mehrere Exemplare im Phallusmuseum in Reykjavík.
Mehrere Exemplare im Phallusmuseum in Reykjavík. © Deutschlandradio / Jessica Sturmberg
Von Jessica Sturmberg · 04.08.2016
Seit mehr als 40 Jahren sammelt der Isländer Sigurður Hjartarson Penisse von Säugetieren und stellt sie in seinem Phallusmuseum in Reykjavík aus. Ihre Konservierung hat er stetig perfektioniert. Ausgerechnet bei einem seiner wichtigsten Exemplare gab es jedoch Probleme.
"Pe-Pe-Pe-nis-nis-nis-mu-mu-mu. Das Penis-Museum von Reykjavík."
Das beste Stück eines männlichen Säugetieres, der eregierte Penis, der Phallus, aus- und aufgestellt in länglichen, transparenten Kunststoffbehältern. Eingelegt in Formalin können die Phallen ganz unterschiedlicher Art, Beschaffenheit und vor allem Größe bestaunt werden.
1,70 Meter misst der längste, und stammt von einem Pottwal, 75 Kilogramm schwer.
"Ein Fischer ruft das Radio an, die Tanzmusik wird unterbrochen, aus dem Äther klingt es dann: ein Wal kam heute ans Land gekrochen, Pe-Pe-Pe-nis-nis-nis- mu-mu-mu. Das Penismuseum von Reykjavík."

Leidenschaft in frühester Kindheit entwickelt

Sigurður Hjartarson hat die Sammlung zusammengetragen. Ein pensionierter Lehrer. Fächer: Spanisch und Geschichte und nicht Biologie, wie man vielleicht meinen könnte. Das mit den Phallen ist einfach eine Leidenschaft, die in frühester Kindheit ihren Ursprung hat.
"Ich war ein kleiner Junge, der nach Kriegsende im Sommer zu seinen Verwandten aufs Land geschickt wurde und dort bekam ich einen getrockneten Stierpenis als Gerte um die Kühe einzutreiben. Das sind meine ersten Erinnerungen. Und 1974 sprach ich zufällig mit einigen Kollegen darüber, wie wir früher alles von den Tieren verwerteten und dass es eine nette Erinnerung wäre, einen Stierpenis zu bekommen. Ein Kollege erzählte damals, dass seine Familie am folgenden Tag vier Bullen schlachten würde und ich die Penisse haben könnte. So hat alles angefangen mit der Sammlung."
Der Sammler und Museumsgründer Sigurður Hjartarson steht neben seinem größten Exemplar, dem Phallus eines Pottwals.
Der Sammler und Museumsgründer Sigurður Hjartarson steht neben seinem größten Exemplar, dem Phallus eines Pottwals.© Deutschlandradio / Jessica Sturmberg
Die ungewöhnliche Sammelleidenschaft sprach sich herum, Sigurður Hjartarson wurde immer wieder angerufen, wenn ein Wal an Land gespült wurde, oder auch Phallen von anderen isländischen Säugetieren zur Verfügung standen. Der Kleinste stammt von einem Hamster, zwei Millimeter lang, nur unter der Lupe zu erkennen. Als ihm auch Penisse aus Namibia angeboten wurden, von Elefanten, Giraffen und Antilopen, sagte er nicht nein.
"Der fehlt mir noch, ruft Sigurd laut, greift Rucksackmesser und den Spaten, springt ins Auto hochbeglückt, der Leichnam soll nicht lange warten. Pe-Pe-Pe-nis-nis-nis- mu-mu-mu. Das Penismuseum von Reykjavík."

Sohn und dessen Frau haben Leitung übernommen

Aus der zunächst losen Sammlung entstand 1997 das Museum. Inzwischen haben der Sohn von Sigurður Hjartarson und dessen Frau die Museumsleitung übernommen.
Der ausgestopfte Phallus eines Elefanten im Museum.
Der ausgestopfte Phallus eines Elefanten im Museum.© Deutschlandradio / Jessica Sturmberg
Die beiden haben einiges geändert, neue Räumlichkeiten gefunden, ganzjährig geöffnet, eine neue Ordnung in die Sammlung gebracht, genauer katalogisiert, neues Licht installiert, ein Design entwickelt und das Museum um eine große Palette an Souvenirs erweitert: Schlüsselanhänger, Tassen, T-Shirts, Kühlschrankmagneten oder Flaschenöffner.
Mit zur Ausstellung gehört auch eine – wie Sigurður Hjartarson es nennt – Erotikkiste mit Mitbringseln aus aller Welt. Beispielweise Plastik- oder Metallfiguren, deren Geschlechtsteile ineinander passen oder die mit auf die Begierde am männlichen Körperteil anspielen.
Für Hjartarson ist das aber nur ein kleiner Gag am Rande und nicht das eigentliche Thema. Damit das Museum aber auch nicht zu wissenschaftlich wirkt, ist es angereichert mit thematisch passenden, aber nicht ordinären Kunstwerken – Gemälde, Fotos, und auch praktische Gegenstände:
"Hier sind Hoden von Hammeln und Stieren, präpariert, indem sie massiert und dann zu Lampenschirmen und Geldbeuteln verarbeitet wurden."

Beim Menschenpenis ging etwas schief

"Am Meeresstrand Sigurds Messer, er trennt ihn ab zur Präparation, stopft ihn in die Tüten gleich, den Penis für die Kollektion. Pe-Pe-Pe-nis-nis-nis- mu-mu-mu. Das Penismuseum von Reykjavík."
Die Art und Weise der Konservierung hat Sigurður Hjartarson über die Jahre perfektioniert. Allerdings: ausgerechnet bei dem Exemplar, auf das er am längsten warten musste, beim Phallus eines homo sapiens lief es nicht so gut:
"Der Spender war schon sehr alt, 95. Die Ärzte, die ihm seine Glied entfernten, tränkten das Stück direkt in Formalin ohne es vorher aufzubereiten, ihn für die Ausstellung darzustellen, zu strecken - und so fällt er etwas klein aus. Das war ein Fehler, ist aber kein Problem. Ich bekomme noch eins von einem anderen Mann."
Nur wann, das ist die Frage. Sigurður Hjartarson ist stets auf der Suche nach besseren Stücken und hat Zeit. Auch wenn er schon 74 ist. Und gewiss, immer wieder wird er gefragt, ob er sein eigenes Exemplar einmal stiften will:
"Ich weiß es nicht. Je älter er wird, umso mehr schrumpft er doch. Und die Frage ist, ob das so positiv ist für mich oder meine Frau, das hier auszustellen. Wir werden einfach sehen."

Einfach ungewöhnlich

Und die Besucher weiter staunen:
"So etwas habe ich noch nie gesehen als Sammlung. Ich muss gestehen ich bin überrascht wie professionell es gestaltet ist, ich habe gedacht, es wäre einfach so eine wilde Sammlung."
Nein wild ist sie ganz und gar nicht. Auch nicht peinlich berührend. Nur einfach ungewöhnlich.
"Pe-Pe-Pe-nis-nis-nis-mu-mu-mu. Das Penismuseum von Reykjavík."
Mehr zum Thema