Multitalent

"Selbstermächtigung über das eigene Gebäude"

Robert Gwisdek
Schauspieler, Rapper, Literat: Robert Gwisdek © Deutschlandradio - Gudrun Haggenmüller
Von Georg Gruber · 31.03.2014
"Der unsichtbare Apfel" – so heißt das Roman-Debüt von Robert Gwisdek. Es geht um einen jungen Mann, Igor, der Einsamkeit und Stille sucht, sich einsperrt in einen verdunkelten Raum – und sich dann auf eine sehr seltsame Reise begibt. Robert Gwisdek geht nun mit diesem Buch auf Lesereise.
Das sind "Käptn Peng und die Tentakel von Delphi". Käptn Peng, der Sänger und Texter, heißt mit bürgerlichem Namen Robert Gwisdek. Beruf: Schauspieler. Gerade 30 geworden, schlank, wache blaue Augen, schmales Gesicht. Eigentlich nicht besonders auffällig - und doch ist er einer von denen, die man nicht mehr vergisst, wenn man sie einmal auf der Leinwand gesehen hat. Zum Beispiel in dem Film "Das Wochenende". Er spielt den Sohn eines aus dem Gefängnis entlassenen RAF-Terroristen – was ihm eine Nominierung als bester Nebendarsteller für den Deutschen Filmpreis einbrachte:
- Szene aus "Das Wochenende" -
Robert Gwisdek: "Ich will, dass Du dich entschuldigst, für dein mieses verpfuschtes Leben!"
Sebastian Koch: "An mich wird man sich erinnern, an Dich nicht."
Und nun also sein erstes Buch, "Der unsichtbare Apfel".
Robert Gwisdek: "Ich habe es geschrieben, es schrob sich von selbst. Es musste raus."
In zwei Monaten schrob sich die Geschichte von Igor, der sich abwendet von der Welt und zurückzieht in die Isolation, für 130 Tage, in einen Raum ohne Licht und Geräusche. Was folgt ist eine Reise, die einem Fiebertraum gleicht, am Ende irrt er durch ein seltsames Gebäude, begleitet von einem Kreis. Igor ist er auf der Suche nach sich selbst in sich selbst:
Robert Gwisdek: "Mit diesem Kreis zusammen kann er dann bestimmte Räume betreten, die er so nicht die Kraft hatte zu betreten, in dem Erlebnisse gespeichert sind, die sehr schmerzhaft für ihn sind. Und die kann er dann wieder öffnen und betreten und das gibt ihm eine andere Form von Klarheit. Und dies Gebäude wird immer riesiger gigantischer abstrakter und auch beherrscht von einem fremden Volk, welches möglicherweise in ihm ist oder nicht, man weiß es nicht, ich würde es auch ungern irgendwie selber deuten. Und da trifft er auf den König dieses Landes und hat eine Art finale Begegnung."
In der Figur des Igor steckt viel von Robert Gwisdek: "Ich würde sagen: 80 Prozent."
Er verschwand für sieben Monate nach Indien
Als er 23 war, also genauso alt wie Igor in seinem Roman, verschwand auch Robert Gwisdek. Er ging – nach der Schauspielschule - für sieben Monate nach Indien:
Robert Gwisdek: "Es war viel schöner, als das was er durchmacht, aber es war so von den Stationen, von so einer geistigen Bearbeitung von Bildern, hatte es vielleicht Ähnlichkeiten. Mit dem was hinten rauskommt, dass ich so geübt habe, etwas in mir zu beruhigen, um es zu benutzen, um Räume zu öffnen, die ich bisher nicht getraut habe zu öffnen. Und da ist das nicht unähnlich, dem was er durchmacht, mit dem Kreis und dem Gebäude und mit der Selbstermächtigung, die dadurch über das eigene Gebäude passiert."
Die Selbstermächtigung über das eigene Gebäude – wahrscheinlich braucht man das irgendwann, wenn man so bekannte Schauspieler als Eltern hat - Corinna Harfouch und Michael Gwisdek - zu denen man dann als Sohn auch immer wieder in Bezug gesetzt wird.
Robert Gwisdek:"Ich bin da natürlich, seit ich klein bin in Berührung und hab' sozusagen auf den Theaterprobebühnen abgehangen und rumgespielt und hab da auch mitgespielt, und so weiter und so fort. Und deswegen bin ich höchstwahrscheinlich davon beeinflusst, ob ich jetzt von meinem Eltern geprägt bin, steht nicht in meinem Ermessen einzuschätzen. Höchstwahrscheinlich."
Inzwischen hat sich Robert Gwisdek soweit noch vorne gespielt, dass er im vergangenen Jahr sogar mit seinem Vater konkurrierte, beim deutschen Filmpreis, um jene Lola für die beste Nebenrolle. Die dann der Vater gewann.
Seine Musik erscheint beim eigenen Label
Vor fünf Jahren begann er Musik zu machen, mit seinem Bruder.
Das Rappen helfe ihm, wie er einmal gesagt hat, "die Mitte zu finden in diesem Gewitter in meinem Kopf". Durch den Erfolg ist Robert Gwisdek nun in der komfortablen Situation, bei der Auswahl seiner Rollen wählerisch sein zu können.
Robert Gwisdek: "Mininmale Doofheit, sie müssen so wenig doof wie möglich sein, und dann nehme ich sie an. Da mache ich eigentlich keine Unterschiede, was für eine Figur es ist, sondern nur wie sie geschrieben ist, ja."
Und da ist es auch nicht sonderlich überraschend, dass die Musik nicht bei irgendeiner großen Plattenfirma herauskommt, sondern beim eigenen Label, das passenderweise Kreismusik heißt.
Robert Gwisdek: "Es geht mir ja gar nicht so sehr um diese Musik an sich, es geht einfach darum, dass ich tun kann, was ich möchte. Und ich erzähle einfach wahnsinnig gerne eine Geschichte. Und der Unterschied zur Schauspielerei ist nicht, das eine ist Musik machen und das andere vor der Kamera stehen. Der Unterschied ist einfach nur: bei dem einen erzähle ich eine Geschichte, die sich jemand anders ausgedacht hat und bei dem anderen erzähle ich eine Geschichte, die ich mir selber ausgedacht habe. Und das eine liegt mir einfach viel mehr, ich bin viel besser darin, was zu tun, was ich mir selber ausgedacht habe, als fremde Geschichten zu erzählen, darin bin ich einfach nicht sehr elegant, das können andere besser."
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