Münchens musikalisches Multitalent

Von Andi Hörmann · 07.01.2013
Albert Pöschl ist seit über zehn Jahren als Label- und Studio-Betreiber, Produzent und Musiker einer der umtriebigsten kreativen Köpfe in München. Mehr als 60 Platten hat er mit seiner Firma Echokammer veröffentlicht. Ein Hausbesuch.
"Ich bin keiner, der an einem Sound tagelang rumbastelt und herumtüftelt. Für mich muss alles schnell gehen und Spaß machen. Wie ein Kind, das schnell zu einem Ergebnis kommen will."

Rustikal, aus Holz, mit Sichtfenster: Die Eingangstür einer Doppelhaushälfte in der Alpenstraße im ehemaligen Arbeiterviertel München-Giesing. Ein enger Flur, der in den Garten führt. Hinterm Haus: Blumenstöcke rechts, Gemüsebeete links. Den etwa 15 Quadratmeter kleinen Geräteschuppen hat sich Albert Pöschl zu einem Musikstudio umgebaut.

"Jetzt wird es noch mal sehr, sehr eng."

"Aber unglaublich gut gedämmt."

"Der Sound ist super hier!"

"Das ist alles so nerdiges Zeug: Hier sind die Midi-Sachen: Alles noch Relikte aus den 90ern. Das sind alles mehr oder weniger Synthesizer. Und das sind die ganzen Vorverstärker. Das sind analoge Röhrengeräte, teilweise noch aus den 60ern. Dann hier der Rechner. Mischpult, Boxen, Keyboard. Und dann noch analoge Synthesizer: Fender Rhodes."

Eines von Albert Pöschls Lieblingsinstrumenten: Ein Fender Rohes Piano aus den 60er-Jahren. Er selbst ist Jahrgang 1963. In der knapp 4000 Einwohner zählenden Gemeinde Winhöring wächst Albert Pöschl auf. Etwa eine Autostunde südöstlich von München. Er ist fasziniert von Punk und Hardrock. Gleichzeitig finden in den 80er-Jahren in der bayerischen Provinz die ersten Techno- und Rave-Partys statt - in leergeräumten Hallen in denen eigentlich Traktoren und Mähdrescher untergestellt sind.

"Wir waren ja die ersten, die DJ Hell veranstaltet haben. 1987 war das. Ich habe das damals eigentlich eher gehasst. Rave und Techno war der Feind, mehr oder weniger. Aber DJ Hell haben wir alle cool gefunden."

"Spätestens wie dann wirklich fast alle meine Freunde Kinder hatten und verheiratet waren, bleibt dir dann: entweder in die Stadt oder als Krauten Sepp versauern."

Mitte der 90er zieht Albert Pöschl nach München, studiert Tontechnik, legt in Clubs Platten auf und mischt Konzerte von Bands der Hamburger Schule: Die Goldenen Zitronen, Die Sterne, Tocotronic. 1999 gründet er sein eigenes Musik-Label: Echokammer. Mit mehr als 60 Veröffentlichungen in den ersten zehn Jahren und einer ungewöhnlichen Label-Philosophie: Kein Mainstream und keine Marketingstrategien - nur eigene Musik, und die von Freunden. Da ist zum Beispiel der Electroclash von Dis*ka. Oder die analoge 70er-Jahre-Lo-Fi-Ästhetik von Das Weiße Pferd.

Der musikalische Stil auf Echokammer variiert von Band zu Band, jede Veröffentlichung klingt anders: mal digital aufpoliert, mal analog verknistert.

"Bei einigen Bands finde ich es entscheidend, dass sie nach LoFi klingen. Zum Beispiel auch die erste Das Weiße Pferd-Platte. Da war uns ganz wichtig, dass das eben kein ausproduzierter Klang ist. Wir nennen das den ´Aquarium-Sound`, wo dann ganz viel auch nur mit Garage Band und mit dem Laptop-Mikrofon aufgenommen wurde. Dass das auch so eine harte Ästhetik hat."

Allen Platten-Produktionen auf Echokammer gemeinsam ist der subjektive Zugang des Produzenten. Im Sommer 2012 erscheint auf Albert Pöschls Label ein Album von einem der vielen Projekte, bei denen er nicht nur in seinem Studio die Regler bedient, sondern auch selbst als Musiker aktiv ist: King Of Japan. Dieses Mal sollte es eine Hard-Rock-Platte werden.

"Ich mag das einfach. Also, immer schon. Mit 15, das war noch vor Punk: Heavy Metal, also Hard Rock hieß es ja damals noch. Natürlich, bestimmte Sachen verschweigt man und will man eigentlich nie wieder hören. Aber dann gibt es wieder Sachen, die einen total wegbeamen. Die ersten Black Sabbath-Platten oder auch die mittlere Phase von Judas Priest. Das kann ich mir heute immer noch gerne anhören."

Selbst wenn Albert Pöschl ein Demo spannend findet, erscheint es nicht automatisch auf seinem Label. Das Menschliche ist für ihn wichtiger als die Musik. Alle Künstler auf Echokammer sind enge Freunde von ihm. Kommerzieller Erfolg spielt dabei erstmal keine Rolle: Meist bleibt es mit einer neuen Veröffentlichung auch bei der Erstpressung von 500 Stück auf CD oder Vinyl.

Mit seiner rechteckigen Kunststoffbrille und in rot-blauer Baumwoll-Trainingsjacke sitzt Albert Pöschl vor dem Computer in seinem zum Musikstudio umfunktionierten Gartenhäuschen und bastelt an einer Aufnahme. Auf seinem Kopf: ein kleiner schwarzer Hut.

"Ja, das ist praktisch. Es geht ja viel Wärme über den Kopf verloren, da ist eine Kopfbedeckung, vor allem wenn man wenig Haare hat, sinnvoll."

Albert Pöschl ist ein musikalischer Tausendsassa: DJ, Musiker, Tontechniker, Label-Betreiber. Manchmal rutscht ihm sein schwarzer Hut mit schmaler Krempe bis zu seinem lichten Haaransatz hoch und betont seine Gesichtszüge: jugendlich weich und verschmitzt erfahren.

"Ich kaufe mir jedes Jahr einen Hut. Der bleibt dann ein Jahr, dann gibt es den nächsten. Die sind nicht zu teuer, aber so richtige Trash-Hüte mag ich dann auch nicht. Die kosten dann schon immer so 70, 80 Euro. Meistens sind die, nachdem ich sie ja jeden Tag trage, entweder wirklich kaputt oder total verschwitzt."