Moderne Kunst

Vor 50 Jahren wurde die Fondation Maeght gegründet

Blick auf den Eingangsbereich der Fondation Maeght in Saint-Paul de Vence bei Nizza, ein Museum für zeitgenössische Kunst. Das Ehepaar Marguerite und Aime Maeght gründete die Stiftung 1964, um einen Teil ihrer Sammlung dort auszustellen. Der katalanische Architekt Josep Lluis Sert schuf in Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern wie Joan Miro, Georges Braque und Henri Matisse das Gebäudeensemble.
Die Fondation Maeght ist eine der bedeutensten privaten Kunstsammlungen. © picture alliance / dpa / Thomas Muncke
Von Björn Stüben · 28.07.2014
Im Hinterland der Côte d'Azur liegt eine der schönsten und bedeutendsten privaten Kunststiftungen der Welt: die Fondation Maeght. Ihre Gründung am 28. Juli 1964 ist der Freundschaft zwischen dem Kunsthändlerehepaar Marguerite und Aimé Maeght und Künstlern wie Giacommetti, Miró, Braque, Calder oder Matisse zu verdanken.
Der Ort sei außergewöhnlich und ideal, um moderne Kunst zu betrachten, begeisterte sich der deutsche Kunstsammler und Mäzen Heinz Berggruen, als er 1989 unter sengender Sonne von Zikadengesang begleitet durch den Park der Fondation Maeght bei Saint-Paul-de-Vence im Hinterland der Côte d'Azur spazierte.
Zur Einweihung der vom katalanischen Architekten Josep Lluís Sert und den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern gestalteten Stiftung des Kunsthändlerehepaares Marguerite und Aimé Maeght am 28. Juli 1964 sang Ella Fitzgerald und der französische Kulturminister und Schriftsteller André Malraux unterstrich in einer Rede die Besonderheit dieser neuen Einrichtung:
"Sie haben etwas geschaffen, das auf keinen Fall ein Palast oder ein Ort des Dekors sein soll und auch kein Museum. Dies ist tatsächlich kein Museum."
Ort der Begegnung
Aimé Maeght, der mit seiner Frau bereits seit 1945 in Paris eine einflussreiche Galerie betrieb, präzisierte das Konzept der neuen Stiftung in einem Interview:
"Es geht darum, einen Ort der Begegnung und der Kreativität zu schaffen. Im Grunde ist diese Stiftung kein Museum, sondern ein Treffpunkt. Es ist ein Haus, in dem Musiker, Poeten und Maler zusammenkommen und gemeinsam arbeiten."
Das mit Sichtbeton und Backsteinen errichtete Gebäude der Fondation integrierte der Architekt Josep Lluis Sert in die hügelige Landschaft eines alten Pinienhains. Tatsächlich waren es aber vor allem die mit den Maeghts befreundeten Künstler, die das Aussehen der Stiftung prägten wie Jean-Louis Prat, über 35 Jahre lang ihr Direktor, unterstreicht:
"Die Stiftung respektiert als Maßstab den Menschen, denn sie ist nicht etwa gigantisch groß. Sie bleibt sozusagen auf dem Boden, es gibt nur ein Erdgeschoss. Der Architekt hat gemeinsam mit Miró dessen Labyrinthgarten geschaffen. Und Giacometti hat in Serts Architektur einen Hof gefunden, der mit seinen bronzenen Figuren perfekt harmonierte. Braque gestaltete ein Wasserbassin und Pierre Tal-Coat entwarf eine lange Mauer am Eingang. Diese Mitwirkung der Künstler hat die Stiftung zum perfekten Ort für die Präsentation moderner Kunst gemacht."
Nach dem frühen Tod ihres jüngsten Sohnes Bernard 1959 waren es Künstler wie George Braque, die das trauernde Ehepaar Maeght auf andere Gedanken zu bringen hofften, indem sie zur Gründung einer Kunststiftung anregten. "Wenn Sie es machen, bringe ich Ihnen meine Kritzeleien. Ich würde sogar Steine für sie bemalen", versprach Braque. Seine Reliefs und Mosaike gehören heute zu den Höhepunkten der Fondation. Aimé Maeght über sein Verhältnis zu den Künstlern:
"Als ich Giacometti zum ersten Mal traf, wurde mir sofort bewusst, wie eng bei ihm Oeuvre und Persönlichkeit miteinander verbunden sind. Er hätte keine anderen Werke schaffen können als die, die wir von ihm kennen. So bin ich immer zu meinem Urteil gelangt, denn ich stelle mir bei Kunstwerken nie die Frage, ob sie gut komponiert sind. Ich suche immer nur nach der Authentizität bei den Künstlern, und diese habe ich dann bei Bonnard, Matisse, Braque oder Picasso gefunden."
Leidenschaft für die Kunst
Aimé Maeght hinterließ an die 15.000 Kunstwerke, darunter Meisterwerke von Bonnard, Calder, Léger, Kandinsky, Matisse und Chagall. Auch 150 Werke von Miró gehörten dazu. Nicht Geschäftsinstinkt prägte seine Sammlung, sondern echte Leidenschaft für die Kunst.
"Als ich ein wunderbares Werk von Matisse verkaufen musste, um einen Teil der Stiftung finanzieren zu können, sahen meine Frau und ich den Käufer mit dem Bild unter dem Arm weggehen. Und wir begannen tatsächlich zu weinen. Das klingt idiotisch, aber es war wirklich so. Uns war es immer egal gewesen, wie viel dieses Werk wert war. Für uns steckten darin so viele Erinnerungen, auch so viel Freude. Und wir wussten, dass es Matisse viel Anstrengung gekostete hatte, denn wir waren dabei, als er es schuf. Und all diese Umstände machen die Werke der Künstler heutzutage eigentlich unbezahlbar."
Heute kommen rund 200.000 Besucher im Jahr in die 45 Kilometer westlich von Nizza gelegene Fondation Maeght, die seit ihrer Einweihung als die bedeutendste private Kunststiftung Frankreichs gilt.