Mode mit patriotischen Symbolen in Polen

Seit dem Rechtsruck salonfähig

Junge Polen demonstrieren in Warschau gegen Flüchtlinge (September 2015)
Polen driftet nach rechts, das machen sich findige Modemacher zunutze. © picture alliance / dpa / Rafal Guz
Von Markus Nowak · 10.08.2016
Base-Caps mit der rot-weißen Landesflagge, Männer-Shorts mit mittelalterlichen Königen oder modische Tuniken mit dem Landeswappen: In Polen boomt das Geschäft mit "patriotischer Mode". Das deutet auf eine beunruhigende Entwicklung hin.
Weibliche Kundin: "Wir wollen unseren Vätern ein T-Shirt mit patriotischen Symbolen kaufen. Sie sind sehr gut gefertigt und lassen sich gut waschen. Wir haben selbst nicht nur solche T-Shirts, sondern auch Schals und Handschuhe zuhause und sind sehr zufrieden damit. Es ist nicht nur die Ideologie dahinter, es ist einfach gute, polnische Qualität."
Männlicher Kunde: "Ich kaufe das hier, weil es eine polnische Marke ist. Und klar, weil patriotische Motive darauf sind und keine Markennamen wie O'Neill oder Hilfiger. Ich ziehe das auch auf der Straße an, aber ich mache das nicht, um es anderen zu zeigen, sondern für mich selbst. Das sind für mich wichtige Symbole."
Kundenstimmen aus dem Warschauer Fabrikstore der neuen polnischen Modemarke "Red is bad". Auf den Base-Caps prangt die rot-weiße Landesflagge, auf den Männer-Shorts sind mittelalterliche Könige abgebildet und für die Damen gibt es modische Tuniken mit dem Landeswappen, einem goldgekrönten weißen Adler mit geöffneten Flügeln.

Neue Mythen erstarken

Zwischen Oder und Bug war der Umgang mit Nationalsymbolen schon immer weniger befangen als etwa hierzulande. Doch im Alltag waren solch "patriotische Kleidungsstücke" eher in Fußballstadien denn auf der Straße zu sehen. Seit dem Rechtsruck im Warschauer Parlament sei die dazugehörige Mode salonfähig geworden, beobachtet etwa Monika Margraf, Journalistin der linksliberalen Zeitung "Gazeta Wyborcza".
"Man kann schon von einer Mode für patriotische Kleidung sprechen. Polen durchläuft gerade eine Zeit, in der neue Mythen erstarken. Früher gab es da diesen Mythos des Warschauer Aufstands. Seit einiger Zeit entsteht ein neuer Mythos: Die neuen Machthaber stellen antikommunistische Kämpfer, die sogenannten "Verstoßenen Soldaten", in den Vordergrund. Vielleicht hat das noch nicht den Mainstream erreicht, aber Menschen mit nationalen und rechten Ansichten allemal."
"Moda patriotyczna", zu Deutsch: patriotische Mode. Sogar Staatspräsident Andrzej Duda macht mit und postete das Bild auf Facebook, wo auch für das Modelabel von Paweł Szopa und seinem Schulfreund alles begann.
Sie gründeten vor vier Jahren eine Fanpage und posteten darauf Grafiken und Comics über historische Gestalten, Ereignisse – und die persönliche Abneigung der Farbe Rot:
Paweł Szopa: "Rot, das steht für den Kommunismus. Und es ist unbestreitbar, dass er etwas Schlechtes war in der polnischen Geschichte. Sagen wir es ganz direkt: Der Kommunismus hat mehr Menschen auf dem Gewissen als das Dritte Reich. 'Red is bad' ist also eine Feststellung, die für alle selbstverständlich sein sollte. Egal ob Rechts- oder Linksgesinnte."

"Wir hören auf, uns für unsere Geschichte zu schämen"

Ein polarisierend-politisierender Labelname und viele Motive, die eben das verkörpern. Etwa T-Shirts mit Kriegsszenen, wie der Kampf um die Westerplatte im Jahr 1939 oder Szenen aus dem Warschauer Aufstand von 1944. Aber es gibt auch weniger heroische Motive. So heißt eine eigene Linie "Wir sind von hier" und spielt subtiler mit den Landesfarben.
Paweł Szopa: "Es findet gerade ein Wandel statt. Wir hören nun auf, uns für unsere Geschichte zu schämen. Vielmehr wollen wir das zeigen, was gut war und darauf stolz sein. Wenn wir in den Westen fahren, schämen wir uns nicht mehr, ein T-Shirt in den Nationalfarben zu tragen. Wie die Amerikaner, Franzosen oder Briten. Wenn das nur eine Mode wäre, dann wäre diese längst vergangen. Im Gegensatz, das wächst immer mehr."
Auch wenn Szopa keine Verkaufszahlen nennt, der Rechtsruck in Warschau dürfte die patriotische Modewelle beflügeln. Noch dieses Jahr sollen zu den Standorten in Warschau und Krakau drei weitere Städte hinzukommen. Aber um Geld allein geht es Szopa nicht:
"Als wir noch am Anfang nur eine Facebook-Seite hatten, ging es uns um historische Erziehung. Jeden Tag posteten wir eine Grafik mit einem Text über einen Helden oder ein Ereignis. Alles so verpackt, dass die Leute keine langen Bücher lesen müssen. Vielleicht bringt das junge Leute dazu, wenn sie unsere T-Shirts tragen, auch auf unserer Internetseite nachzulesen, was war da, wer diese Personen waren."
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