Mode mit Moral

Von Alexandra Wach · 29.01.2009
"Armedangels" steht als Label für junge Mode, die ethisch und ökologisch korrekt ist - die ohne Chemikalien, ohne Kinderarbeit und unter Einhaltung sozialer Mindeststandarts produziert worden ist. Ab morgen wird das Label bei der Kölner Streetware-Messe <papaya:link href="http://www.jamcologne.com/gallery/neuegallery/jam_fotosundfilme.html" text="JAM Cologne" title="JAM Cologne" target="_blank" /> vertreten sein. Gegründet wurde es 2007 von zwei Kölner BWL-Studenten. Einer davon ist der 29-jährige Anton Jurina.
"Wir haben eine ganz leichte schwarze Null seit November - unter der Berücksichtigung, dass die meisten von uns immer leider noch weniger verdienen als sie während ihres Studiums oder in anderen Angestelltenverhältnissen tun würden. Das heißt also, wir bluten selber schon mit."

Anton Jurina tritt nicht gerade wie ein zu jedem Opfer bereiter Idealist aus dem bunten Lager der Globalisierungsgegner auf. Schulterlanges, lockiges braunes Haar, eine schwarze Designerbrille, Lederjacke über der blauen Geschäftsmannbluse, ausgewaschene Jeans und Turnschuhe.

Mit diesem Look könnte er auch den Dresscode einer Werbeagentur bedienen. Mit seinem jungen Modelabel "Armedangels" möchte er stattdessen die Welt verändern. Das Logo, der namensgebende bewaffnete Engel, ist

"eine stilvolle Variante eines Robin Hood, das ist der Engel mit Pfeil und Bogen. Die Idee ist, die Art, wie Mode konventionell produziert wird, zu verändern."

Mit den Mitteln des Fairtrade, des fairen Handels:

"Fairtrade ist ja, dass man einen Betrag für den Einkauf von Waren zahlt, der über dem Weltmarktpreis liegt, ohne dass sich das Produkt wirklich verändert, sondern nur die Lebenssituation desjenigen, der es herstellt."

Die bewaffneten Engel haben sich im Souterrain eines Kölner Jugendstilhauses im angesagten Belgischen Viertel eingerichtet. Junge Modemacher arbeiten hier in der Nachbarschaft von Galerien und Möbeldesignern. Das Elf-Leute-Team sitzt, über drei weißgestrichene Räume verteilt, andächtig über Zahlenkolonnen. Deshalb schlägt Jurina vor, in das Café gegenüber zu gehen. Es ist gerade Mittagszeit, der Laden ist voll. Trotzdem ist er gleich konzentriert bei der Sache, legt munter los:

"Martin und ich, Martin Höfeler ist der Mitgründer, wir fanden es einfach klasse, dass es in Großbritannien oder den USA seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, dass man ein profitables Geschäft mit ethisch sozialen Kriterien aufbauen kann. Das fängt bei uns an mit dem Anbau von pestizidfreier organischer Baumwolle in Indien."

Die kauft "Armedangels" den Bauern zu garantierten Festpreisen ab und schafft sie nach Deutschland. Zu Garn versponnen reist die Baumwolle dann nach Portugal. Hier wird sie von fairtradezertifizierten Produzenten zu Stoff gestrickt, konfektioniert und bedruckt. Für Jurina geht es darum,

"eine Situation zu schaffen, dass sowohl für den Bauern, als auch für die Umwelt, als auch für den Weber, als auch für den Näher, als auch für den Designer, als auch für den Kunden und unsere Mitarbeiter wir ein Geschäft aufbauen, dass für alle Seiten profitabel ist."

Der in Genf geborene Jurina ist wie sein Partner Sohn eines Unternehmers. Aufgewachsen ist er in Bad Honnef, zwischen Köln und Koblenz am Rhein, in einem gutbürgerlichen Haus. Mit den Grünen verbindet Jurina wenig. Seine Vorbilder sind Al Gore oder Umweltaktivisten vom Schlage eines Leonardo di Caprio, die Themen wie Klimawandel, Menschenrechte und Umweltschutz in die Mitte der Gesellschaft gerückt haben. Aber auch seine Zeit als Messdiener hat ihn geprägt:

"Ich glaube, dass ich da über mein Elternhaus ein grundsätzliches Bewusstsein für soziale, gesellschaftliche, vielleicht auch politische Themen mitbekommen habe."

Zum ethischen Anspruch, vermittelt durch langjährige Mitarbeit in der Gemeinde, kam dann das popkulturelle Interesse für Musik und Mode, die öko sein kann und trotzdem hipp. Natürlich fallen irgendwann die Worte "Birkenstock" und "Batik". Sie vereinen all das, wofür "Armedangels" nicht stehen will:

"Die meisten dieser Leute in den 80ern waren einfach gegen etwas, gegen Chemiekonzerne, gegen Kinderarbeit, gegen die Missstände aus verschiedenen Bereichen. Und die zweite Welle der Gründer, die hört nicht auf, dagegen zu sein, sondern das ist eine sehr bejahende Kraft, weil sie halt eine Alternative bieten."

Dass sie vom "Spiegel" oder "Stern" als Öko-Revolutionäre tituliert werden, nimmt Jurina gelassen hin.

"Das mit den Revolutionären kommt nicht von ungefähr. Unser Leitspruch ist ja die 'Social Fashion Revolution'. Die Revolution steht bei uns für nichts anderes als den Bildungsauftrag, möglichst viele Leute dafür zu sensibilisieren, was an einer konventionellen Textilindustrie nicht in Ordnung ist und unsere Alternative aufzuzeigen."

Die ist so glaubwürdig, dass deutsche Popstars Schlange stehen, um für "Armedangels" zu werben:

"Wir zahlen keinen einzigen davon. Der einzige Grund, weshalb sie mitmachen ist, weil sie unsere Gesinnung teilen. Jemand wie den Thomas D. dann zu sehen, wie der auf seiner ganzen Konzerttour nur noch unsere Klamotten trägt, das freut einen natürlich sehr, weil wir immer sicher sein können, dass die Leute das aus Überzeugung tun."