Mittelalter wie im Bilderbuch

Von Anke Leweke · 20.10.2009
Man bekommt es hier nicht mit einer filmischen Literaturadaption zu tun, sondern mit der bloßen Bebilderung eines Historienromans. Beim Schauen von Sönke Wortmanns Verfilmung von "Die Päpstin" meint man förmlich, das Umblättern der Buchseiten zu hören. Brav wird Kapital für Kapitel in Szene gesetzt.
Zunächst lernt man Johanna als junges, wissbegieriges Mädchen mit dicken Zöpfen kennen. Obwohl der religiöse Vater ihr den Unterricht verweigert, eignet sich die Kleine heimlich Wissen und Bildung an. Ihr ganzes Leben wird sie gegen männliche Autoritätspersonen und eine rigide Bibelauslegung zu kämpfen haben.

Wir folgen Johanna von der geistlichen Schule in Dorstadt bis nach Rom durch ein Mittelalter, das Sönke Wortmann so dunkel aussehen lässt, wie Klein Erna es sich nun mal vorstellt: Ungewaschene, Schwerter schwingende Barbaren mit Dreitagebart, Kinder, denen sorgfältig Dreck ins Gesicht geschmiert wurde, und Geistliche, die frommer als fromm aussehen.

Es ist aber nicht nur diese langweilige Bilderbuchoptik, die keine Spannung aufkommen lässt. Weil sich der Film nicht die Mühe macht, eine Haltung zu seiner Heldin zu entwickeln, bleibt man als Zuschauer seltsam außen vor. Wird Johanna vom Glauben oder vom Wissensdurst angetrieben? Warum nimmt sie die Bürde auf sich, getarnt als Mann, Gott zu dienen?

Doch statt sich näher mit der Psychologie seiner Heldin zu beschäftigen, lässt Wortmann die Darstellerin Johanna Wokalek lieber im Mönchsgewand gut aussehen. Allzu gerne schwenkt die Kamera auf deren Hinterkopf und zeigt ihre Tonsur. Oder man sieht im keuschen Halbschatten, wie sie ihre Brüste abbindet. Johanna macht sich als Wunderheilerin einen Namen und wird mit Kräuterelixieren den Papst von seiner schmerzhaften Gicht befreien.

Auch wenn es im Vatikan wie bei Julius Cäsar in den Asterix und Obelix-Heften aussieht, kommt mit dem Papst-Darsteller John Goodman endlich Stimmung auf. Man fühlt sich an Peter Ustinow und seine Darstellung des Kaisers Nero erinnert. Hier will ein Schauspieler nicht mehr, aber auch nicht weniger als unterhalten. Vielleicht hätte sich Sönke Wortmann an seinem Darsteller einfach ein Beispiel nehmen sollen. Warum nicht einfach auf Entertainment setzen?

Stattdessen mäandert Wortmanns Päpstin unentschlossen zwischen Emanzipations- und Märtyrerdrama, Schlachtenfilm und Liebesmelodram hin und her. So ist die einzige Frage, die beim Verlassen dies Kinos bleibt, wie hätte wohl Volker Schlöndorff diesen Film inszeniert?