Mit List und Tücke

Der Weg zur Ultrakurzwelle

Eine Frau drückt am 19.12.2015 in Gevelsberg im Ennepe-Ruhr-Kreis (Nordrhein-Westfalen) auf einem alten Radio die Taste für den Mittelwellen-Empfang. Am 31. Dezember zieht sich mit dem Deutschlandfunk das letzte deutsche öffentlich-rechtliche Radio aus der Mittelwelle (MW) zurück.
Mit Tricks versuchten die Sendeanstalten ihre Hörer von der Ultrakurzwelle zu überzeugen. Viele Hörer blieben der Mittelwelle dennoch treu. © picture alliance/dpa/Jonas Güttler
von Eva Hepper · 30.12.2015
Die Zukunft des Rundfunks hieß UKW. Das zeichnete sich Ende der 40er Jahre ab. Die ultrakurze Welle versprach ein deutlich besseres Klangbild als die Mittelwelle und ermöglichte fast unendlich viele Programme. Auch der damalige NWDR setzte alles daran, seine Hörer zu überzeugen.
Sie hatten Broschüren gedruckt und Werbung geschaltet, sie hatten sogar die Geräteindustrie nach zähen Diskussionen überzeugen können. Aber die Hörer, die hatten sie noch immer nicht auf ihrer Seite. Seit 1948/49 trommelten die Verantwortlichen des NWDR, des Nordwestdeutschen Rundfunks, und vor allem ihr technischer Direktor, Werner Nestel, für den Umstieg auf UKW.
Die anfangs zögerliche Fachpresse hatte der NWDR schnell auf seiner Seite. Eduard Rhein von der "Hör Zu" etwa prägte für UKW den Begriff der "Welle der Freude". Und die Aufklärungskampagnen des Senders über die ultrakurze Welle (im Mittelwellenprogramm, wie sollte es anders gehen), die versprachen eine goldene UKW-Zukunft.
Wie die Hörer überzeugen?
Doch die Hörer wollten nicht. Wollten nicht umschalten von Mittelwelle auf Ultrakurzwelle. Denn Umschalten hieß: ein neues Radio kaufen. Vielen fehlte dafür das Geld. "Rundfunk des reichen Mannes" schimpften denn auch die Gegner die neue Welle. Aber technisch – das war schon klar – gab es keine wirkliche Alternative.
Das Endspiel zur ersten Fußballmeisterschaft der Westzonen nach dem Krieg, 1948 in Köln, hatte man noch über Mittelwelle gehört. Vielleicht, dachten die Verantwortlichen des NWDR, könnte ein bisschen Zwang, ein wenig List, ein kleiner Trick helfen, um den Hörern den UKW-Empfang nahezubringen? Und zwar an einer Stelle, wo der Deutsche keinen Spaß versteht und es besonders wehtut.
Auschnitt Übertragung Fußball-Meisterschaftsfinale 1949
" ...schießt!"
Wer wüsste nicht gern, wie´s weiter geht? Wurden bisher Fußballspiele auf Mittelwelle und auf UKW übertragen – seit dies möglich war –, entschied man sich jetzt ab und an einmal für ein, naja, Splitten. Die erste Halbzeit lief auf beiden Wellen. Die zweite nur auf UKW.
"... – Toor!"
Nicht nur die Fußballfans waren Anfang der 50er Jahre vom Splitten einer Übertragung betroffen: Auch bei Konzertübertragungen wurden gelegentlich die ersten Sätze auf beiden Wellen übertragen, der letzte Satz nur auf UKW. Werner Nestel vom NWDR gestand später, dass das für die Mittelwellenhörer "natürlich bitter" gewesen sei. Aber: es habe "enorm geholfen, UKW populär zu machen und durchzusetzen".