Mit dem Digitalradio schneller durch den Verkehr

Von Wolfgang Noelke · 04.09.2012
Vor einem Jahr ging das bundesweite Digitalradio auf Sendung. Darüber können in Zukunft nicht nur mehr Sender empfangen werden als über klassische UKW-Frequenzen. Auch Autofahrer haben Vorteile - zum Beispiel, wenn sie Navigationsgeräte benutzen. Unser Autor Wolfgang Noelke hat sich auf der IFA nach den neuesten Entwicklungen umgesehen - und wollte zunächst herausfinden, was die Besucher über Digitalradio und DAB wissen.
"Das ist die Bezeichnung für Dezibel."

"Irgendwas mit Fernsehen?"

"DAB? Keine Ahnung!"

"Da bin ich ein bisschen überfragt, weil ich höre gerade mal zum Frühstück Radio und da will ich erstmal wissen, ist eine Störung in der S-Bahn? Was gibt es denn sonst Neues? Erstmal eine gute Wiedergabe wünsche ich mir natürlich, die gute Bedienbarkeit und das es einfach ist, genau!"

Alles schon vorhanden und einfach zu bedienen sind sie jetzt alle, die mehr als 250 DAB+-Empfänger der diesjährigen Internationalen Funkausstellung. Vom kleinen Miniradio für die Westentasche bis hin zum Retro-Design des alten Philips-Radios aus den 50er-Jahren, das damals auf den Namen "Philetta" hörte. Statt des leuchtenden Plexiglasgitters vor dem mit Stoff bespannten Lautsprecher überrascht es nun mit einer Schublade, in der das iPhone seinen Platz findet.

Umgekehrt geht's auch: Drei Unternehmen zeigen kleine Ansteckmodule, mit denen Smartphone-Besitzer Datenvolumen sparen können, denn Radioempfang über Smartphones funktioniert heute schon längst ohne den Umweg über UKW oder DAB, kostet aber unnötiges Geld. Die kleinen DAB-Empfänger, in die sich das Handy schieben lässt, empfangen das Signal gratis.

Viele DAB-Empfänger besitzen sogar einen zusätzlichen WLAN-Anschluss, fürs Internet und ein UKW-Empfangsteil, obwohl die Vorteile des digitalen Hörfunks langfristig unschlagbar sind: Einmal den Sender auszuwählen reicht, um auf der Fahrt zwischen Kiel und Basel den Lieblingssender nie mehr neu suchen zu müssen. Und: Die Verkehrs- und Stauwarnungen auf den Navis sollen aktueller und ausführlicher werden. Zwei IFA- Besucher schildern ihre Erlebnisse mit den bisherigen Verkehrsnachrichten:

"Die kommen immer so zu vollen Zeiten, um halb oder um ... dann stecke ich immer schon im Stau drin."

"Der rechnet nicht automatisch zurück, wenn der Stau weg ist. Deswegen mache ich ihn kurz aus und wieder an und guck, wenn ich kurz davor bin, ob der Stau immer noch da ist."

Der Trick mit dem Aus- und Einschalten des Navigationsgerätes wird überflüssig. Während der IFA einigten sich alle Hersteller, in künftigen Navis DAB-Empfänger einzubauen, die viel mehr Daten empfangen können und deswegen auch ausführlichere Verkehrsdaten anzeigen. In der Halle 11.1 zeigt Thilo Ernst vom Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme den Unterschied zwischen dem neuen, schnellen Standard und dem alten, der nur wenige Orte anzeigen kann:

"Das sind ein paar 10.000 Orte in Deutschland wo es überhaupt möglich ist, Störungen darzustellen. Wir aber von der Fraunhofer-Gesellschaft arbeiten an einem Nachfolgestandard, der erst dann ermöglicht, über solchen über DAB ausgestrahlten Verkehrsinformationen auch Störungen, die zum Beispiel auf nicht so wichtigen Straßen, Nebenstraßen und so weiter auftreten, hoch aufgelöst zu kodieren, sodass das Navi-System wirklich weiß, hier, in genau dieser Straße ist die Blockierung."

Auch an Navigationsdaten aktivierter Handys erkennt das System, ob sich im Bereich eines bereits gemeldeten Staus die Autos wieder bewegen oder ob sich irgendwo ein neuer Stau bildet, vielleicht auf der empfohlenen Umleitungsstrecke vor der ersten, schläfrigen Dorfampel. Die Technik hinter DAB-gesteuerten Navigationsgeräten wird ab nächstem Jahr nicht nur bestehende Staus ansagen, sondern vorhersagen oder im besten Fall Staus sogar verhindern können:

"Ich fahre jetzt von Berlin nach Hamburg und ich weiß, kurz vor Hamburg ist eine Sperrung. Die ist zwar jetzt noch nicht aktiv, aber die ist in einer Stunde aktiv, wenn ich da ankomme. Also wird meine Route leicht umgeplant werden, sodass ich diesen gestörten Bereich kurz vor Hamburg umfahren werde und nicht befahren werde."

Ein großes Glück für die Navi-Hersteller, das sich Hans-Joachim Kamp, Vorsitzender der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik GFU auch für die DAB+-Radios wünscht. In diesem Jahr, so hofft er, würden insgesamt 350.000 DAB-Geräte verkauft, im nächsten Jahr soll es schon eine halbe Million neuer DAB+-Empfänger sein, die eines Tages das Ende der UKW-Sender einläuten sollen. Die veraltete Technik einfach abzuschalten, das ginge nicht:

"Wenn Sie einmal überlegen, wie viel Geräte sind im Durchschnitt in einem Haushalt? 80 Millionen Haushalte und mehr, das ist ein solcher Gerätepark, das ist für mich zurzeit undenkbar. Und DAB+ muss mit dem, was Leistung betrifft, überzeugen und mit dem, was Angebot und Geräte betrifft, überzeugen. Und mein Eindruck ist, dass die Befürworter ständig zunehmen und das ist doch ein positives Signal."

Solange auf DAB+ dasselbe Programm zu hören sei wie im normalen UKW-Programm, sagten die von mir befragten jungen IFA-Besucher, wäre dies kein Grund, sich einen neuen Empfänger zu kaufen. Wenn aber mehr Anbieter Inhalte á la DRadio Wissen und exklusive Sparten-Musik verbreiten würden, wäre DAB+ eine Option:

"Das konkurriert auf jeden Fall mit MP3-Playern, aber ich höre Radio eigentlich abends nur ab und zu mal und ich denke mal, man müsste mehr auf die Jugend eingehen."

"Wenn ich im Radio Nachrichten höre, ist das für mich viel zu kompliziert. Die Sprache, Fachausdrücke, die ich teilweise nicht verstehe. Wenn es da vielleicht einen Sender geben würde, der es vielleicht ein bisschen verständlicher mal erklären würde für, ja auch für mich."

"Ich glaub, man braucht gar keine Sonderfeatures, aber ich glaube, dass man die Leute einfach dazu bringen muss, zum DAB zu kommen. Und das ist ja immer eine gewisse Faulheit zu wechseln, wenn's nicht wirkliche einen Anreiz gibt, was Neues zu sehen."


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