Minderjährige Flüchtlinge in Frankfurt

"Bisher habe ich noch keinen Fall von Radikalisierung erlebt"

Drei Jugendliche gehen einen Flur entlang. Sie sind von hinten zu sehen.
Junge Flüchtlinge lassen es anfangs oft nicht zu, Symptome einer Traumatisierung zu zeigen. © dpa / Uli Deck
Bernd Hormuth im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 20.07.2016
Die etwa 70.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Deutschland werden betreut von Einrichtungen wie dem Internationalen Familienzentrum in Frankfurt. Bernd Hormuth, Leiter der stationären Hilfe, berichtet von seiner Arbeit.
Nach dem Axt-Angriff eines 17-jährigen Asylbewerbers in einem Regionalzug bei Würzburg werden auch viele Fragen an die Jugendhilfe laut: Ist das staatliche Hilfesystem für junge Flüchtlinge ausreichend? Welche Traumata schleppen die Jugendlichen mit sich herum? Wie anfällig sind sie für Radikalisierung?
Fälle von Radikalisierung habe er persönlich noch nicht erlebt, sagt Bernd Hormuth, Leiter der stationären Hilfe des Internationalen Familienzentrums in Frankfurt, das mehrere Einrichtungen betreut, in denen minderjährige Flüchtlinge leben.
"Es gibt hier in Frankfurt auch Moscheen, die als problematisch eingestuft werden, wo es immer wieder vorkommt, dass einzelne Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen immer mal wieder mal dort gesehen werden, und wir müssen dann immer unmittelbar intervenieren, mit den Jugendlichen sprechen, die rechtzeitig auffangen, dass es nicht in die Richtung der Radikalisierung geht."

Die Symptome einer Traumatisierung zeigen sich oft erst später

Inwieweit die jungen Menschen traumatisiert seien, lasse sich schwer sagen, da nicht alle davon erzählten, was sie erlebt haben. "Die Aufarbeitung findet meistens später statt", betont Hormuth
"Je länger die jungen Menschen bei uns sind, je mehr sie sich sicher fühlen und je mehr sie die Flucht ablegen können und hier in Deutschland ankommen, umso mehr trauen sie sich natürlich auch, Dinge zu zeigen, die zu einer Persönlichkeit dazugehören, auch Aggressionen-Rauslassen und auch die Symptome einer Krankheit oder einer Traumatisierung zuzulassen. Und die sind sehr individuell."
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