Michel Friedmann sieht Hecht-Galinski "an der Grenze zur Anti-Zionistin"

22.08.2008
Der Rechtsanwalt und ehemalige Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, hat sich kritisch über die juristische Auseinandersetzung im Antisemitismus-Streit zwischen Evelyn Hecht-Galinski und dem Publizisten Henryk M. Broder geäußert. Auf die Frage, ob Hecht-Galinski für ihn eine Antisemitin sei, erwiderte Friedman: "Ich bin mit diesem Begriff außerordentlich vorsichtig. Sie ist auf jeden Fall an der Grenze zur Anti-Zionistin."
Er sei allerdings erstaunt darüber, dass Hecht-Galinski einerseits für sich die Freiheit anmahne, kritisch und überkritisch alles sagen zu dürfen, was sie denke, so Friedman. Andrerseits aber verfolge sie Kritiker ihrer Person mit einstweiligen Verfügungen und Gerichtsbeschlüssen: "Beides geht nicht. Wenn du für dich die absolute Freiheit der Rede und Gedanken beanspruchst, dann musst du auch den Kritikern, die dich kritisch betrachten, dasselbe zubilligen. Hier zeigt Frau Galinski ein gestörtes Verhältnis ihres eigenen Freiheitsdrangs." Broder hatte Äußerungen von Hecht-Galinski als anti-semitisch beurteilt, was ihm von ihr per Einstweiliger Verfügung verboten worden ist. Über den Rechtsstreit entscheidet das Kölner Landgericht am 3. September.

Die Behauptung Hecht-Galinskis, dass es eine jüdische Weltlobby gebe, sei ein anti-semitisches Klischee und ein Stereotyp, betonte Friedman: "Selbst wenn ein Jude das behauptet, wird daraus nichts Besseres." Der Zentralrat der Juden in Deutschland sei mit Sicherheit kein Sprachrohr des Staates Israel, sondern vielmehr eine Vertretung der jüdischen Religionsgemeinschaft in Deutschland. Natürlich gebe es eine große Affinität zum Staat Israel, aber auch eine kritische Distanz zur Regierungspolitik.

Friedman verwies darauf, dass eine Mehrheit der Einwohner Israels sich in Umfragen für die Existenz eines palästinensischen Staates ausgesprochen habe: "Das heißt, das Thema, mit dem sich Frau Galinski immer wieder positioniert und profiliert, ist eigentlich in der israelischen Politik schon längst gegessen."

Das Gespräch mit Michel Friedmann können Sie bis zum 22. Januar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio