Meyer fordert "tragfähiges Konzept" von Opel

Laurenz Meyer im Gespräch mit Birgit Kolkmann · 23.02.2009
Nach Ansicht des CDU-Wirtschaftsexperten Laurenz Meyer sollten staatliche Hilfen für Opel von der "Langfristigkeit und Dauerhaftigkeit" eines Sanierungskonzepts abhängig gemacht werden. "Die Verantwortung für die Zukunft und für die Konzepte liegt beim Unternehmen und nicht bei der Politik", betonte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Birgit Kolkmann: Wir sind nun verbunden mit Laurenz Meyer, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Schönen guten Morgen, Herr Meyer!

Laurenz Meyer: Guten Morgen, Frau Kolkmann!

Kolkmann: Herr Meyer, Opel bastelt an einem Rettungsplan, 2,6 Milliarden an Staatsbürgschaften möchten die Opelaner gerne haben. Unter welchen Bedingungen kann es sie Ihrer Meinung nach geben?

Meyer: Also wir können bisher, ehe wir nicht einen konkreten Plan von General Motors und Opel haben, überhaupt nicht darüber entscheiden, was zu tun ist. Die Kriterien müssen allerdings nach meiner Meinung genau dieselben sein wie bei anderen Unternehmen auch, das heißt, wir dürfen Opel im Grunde nicht anders behandeln als etwa einen potenten Mittelständler, der ebenfalls in Schwierigkeiten gerät in dieser Krise. Wir müssen im Hinterkopf haben, dass es also nicht nur um die Arbeitsplätze bei Opel geht, sondern sicher auch die Arbeitsplätze bei vielen Zulieferern. Aber trotzdem, es darf also keine Lösung geben, die nicht dauerhaft tragbar ist, und tragfähig, auch was die Arbeitsplätze in Deutschland angeht.

Kolkmann: Die schwedische Regierung sagt ja knallhart, wir helfen Saab nicht, solange wir befürchten müssen, dass das Geld dann gleich zu GM in die USA wandert. Haben die Schweden recht damit, wäre das bei Opel eventuell genauso?

Meyer: Ja, das Kriterium ist sicher richtig. Es kann nur darum gehen, für Opel und die Arbeitsplätze, die hier in Deutschland – ich sage aber bewusst dazu, auch in Europa – bei Opel vorhanden sind, eine gewisse Zukunft zu sichern. Allerdings, die Kriterien müssen dauerhaft sein. Das ist sicher ein ganz schwieriger Punkt, und die Finanzströme von Opel zu General Motors, die wird man sicherlich noch nachvollziehen können. Aber bei den Dienstleistungsströmen, etwa im Bereich Forschung oder anderen Bereichen, da wird es dann schon sehr schwierig. Also das Thema ist nicht einfach zu handeln, und eine Bürgschaft ist sicherlich nicht einfach darzustellen, das muss man sehen. Trotzdem, ich würde ein Urteil darüber erst fällen wollen, wenn also Pläne wirklich vorliegen und man die Langfristigkeit und Dauerhaftigkeit beurteilen kann.

Kolkmann: Trotzdem sollte man ja mal die Möglichkeiten ventilieren, Sie haben es gerade auch schon ein bisschen angedeutet. Die Unabhängigkeit Opels von GM, geht das eigentlich so einfach oder brauchen die Opelaner auch GM, wenn es darum geht, neue Modellreihen zu entwickeln zum Beispiel?

Meyer: Ja, das ist ja der Punkt, das ist sicherlich außergewöhnlich schwierig, ein Unternehmen wie Opel, was seit vielen Jahrzehnten verflochten ist mit der Mutter, herauszulösen aus dem Konzern. Ich halte das nicht für eine einfache Lösung, und deswegen wundere ich mich darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit darüber gesprochen wird. Deswegen ist es aber auch so wichtig. Die Verantwortung für die Zukunft und für die Konzepte liegt beim Unternehmen und nicht bei der Politik. Wir sollten keine Konzepte entwickeln für die Rettung von Opel, sondern wir sollten uns auf diese Konzepte einstellen und reagieren. Und das Kriterium ist – ich sage das noch mal – der langfristige Erhalt von Arbeitsplätzen, ist die Konzeption langfristig tragbar. Das müssen dann die Fachleute im Bürgschaftsausschuss und an den entscheidenden Stellen mit beurteilen können, die in die Zahlen auch Einblick nehmen können.

Kolkmann: Staatliche Hilfen waren ja in der Vergangenheit nicht immer effektiv, da gibt es allerlei schlechte Beispiele. Sollte man vor diesem Hintergrund dann doch wieder mehr dem Markt überlassen, Krise hin, Krise her?

Meyer: Ja, also die Ergebnisse von Bürgschaften bei Unternehmen, deren Zukunftskonzeption nicht sichergestellt ist und wo aus politischen Gründen Entscheidungen getroffen werden, das hat sich sicherlich als ein Problembereich erwiesen. Und deshalb plädiere ich auch so sehr dafür, hier nicht unter politischen Gesichtspunkten zu entscheiden, es geht nicht um den kurzfristigen Erhalt und die Finanzierung von Arbeitsplätzen etwa über ein paar Monate, sondern es geht darum, ob es ein tragfähiges Konzept gibt. Und selbst dann muss man in einer Marktwirtschaft, die also ja das Gesamtsystem betrachten muss, immer auch noch die Wettbewerbsposition beurteilen. Selbst in NRW ist es ja so, dass möglicherweise durch Bürgschaften von Opel, die also nicht auf eine dauerhafte Lösung rauslaufen, dann Arbeitsplätze bei Ford gefährdet werden könnten. Also solche Zusammenhänge sind allemal zu berücksichtigen, und nicht nur für diesen Fall.

Kolkmann: Ist auch zu berücksichtigen, dass, wenn es um die staatlichen Hilfen geht, es möglicherweise auch nur um schnelle Wahlkampfhilfen für die Politiker, die diese gewähren, dann geht?

Meyer: Das wären sehr teure Wahlkampfhilfen, davor kann ich nur warnen.

Kolkmann: Dramatische Warnungen der Experten gibt es auch, dass im Sommer die Arbeitslosigkeit ganz sprunghaft ansteigen wird. Wie ist Ihr Eindruck, haben wir immer noch nicht richtig begriffen, welche Konsequenzen diese Finanzkrise hat?

Meyer: Manch einer mag immer noch glauben, es handele sich um eine relativ schwere Konjunkturkrise, wie wir sie schon etliche Male gehabt haben. Der weltweite Zusammenhang sagt uns was anderes. Es ist in allen Teilen der Welt gleichzeitig ein schwerer Einbruch und zum Teil Abbruchkanten zu verzeichnen, und es handelt sich um eine andere, bisher nie da gewesene Situation, auf die wir auch anders reagieren müssen. Deswegen diskutieren wir ja zum Zeitpunkt jetzt Lösungen, die wir sicher vor einem Jahr oder so allesamt in unserer Marktwirtschaft nicht für möglich gehalten hätten.

Kolkmann: Es gibt ja nicht wenige Unternehmer, die sagen, da muss ein bisschen mehr Optimismus her und Vertrauen auch in die eigenen Kräfte. Und heute ist Rosenmontag, man kann natürlich auch dagegen anfeiern, aber das ist nicht ganz ernst gemeint. Glauben Sie, dass auch der Optimismus helfen kann?

Meyer: Oh, da bin ich ganz an der Spitze. Ich glaube, dass unsere Wirtschaft im Vergleich in der Welt sehr gut aufgestellt ist, in diese Krise in einem wirklich ausgezeichneten Zustand hereingegangen ist. Und deswegen, wenn wir es richtig machen, sollten wir aus dieser Krise möglicherweise sogar gestärkt und mit besseren Wettbewerbsvorteilen herausgehen können. Dazu gehört natürlich auch, dass wir die Unterkante dieser Krise abfedern. Ansonsten würden wir über so Dinge wie bei Opel zum Beispiel gar nicht reden.

Kolkmann: Vielen Dank Laurenz Meyer, der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion. Vielen Dank fürs Gespräch!

Meyer: Wiederhören!

Das Interview können Sie bis zum 23. Juli 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören: MP3-Audio