Metzinger: Es geht darum, wie die Erkenntnisse genutzt werden können

29.05.2007
Der Philosophie-Professor Thomas Metzinger hat angesichts der Fortschritte in der Hirnforschung dafür plädiert, eine Bewusstseinsethik zu entwickeln.
Wie Metzinger am Dienstag im Deutschlandradio Kultur erläuterte, ist durch die Erkenntnisse der Neurowissenschaften eine neue Situation entstanden. Danach ließen sich "auf dem Umweg über das Gehirn bald menschliche Bewusstseinszustände wesentlich genauer einstellen, hemmen, verstärken, modulieren" als in der Vergangenheit, so der Philosophie-Professor von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Neben der Neurotechnologie in der Medizin werde es "in 20 bis 50 Jahren vielleicht so etwas wie eine Bewusstseinstechnologie" geben. Deshalb solle sich die Ethik auch mit der Frage befassen, welche Bewusstseinszustände künftig erwünscht seien, gefördert oder verboten werden sollten.

Metzinger warnte zugleich vor Alarmismus. Man solle "nicht so tun, als ob die Neurowissenschaftler böse Menschen wären, die eine neue Ideologie oder Weltanschauung verbreiten" wollten. Den Hirnforschern gehe es in erster Linie darum, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Über die Konsequenzen daraus und den Umgang damit "müssen wir uns alle zusammen verständigen". Das religiös geprägte, christlich-platonische Bild vom Menschen, der aus einem Körper und einer unsterblichen Seele bestehe, werde durch die Erkenntnisse der Neurowissenschaften "unwiderruflich aufgelöst". Die Hirnforscher könnten aber "nichts Neues an seine Stelle setzen, was auch einen ethischen, normativen Grundkonsens der Gesellschaft liefern könnte. Den müssen wir uns jetzt neu erarbeiten", betonte der Philosophie-Professor.

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