Metren, Muskeln, Machtspiele

Von Susanne Burg · 14.02.2011
"Coriolanus", Shakespeares Drama um einen arroganten Patrizier, der verbannt wird und sich mit seinem ehemaligen Feind gegen Rom verbündet, hat Ralph Fiennes mit einer CNN-Bilderästhetik verfilmt. Dazu gibt's archaische Kämpfe muskulöser Männer und Söldner, die in Blankversen reden.
Das Volk randaliert und verlangt nach Brot. Blutüberströmt streichen Männer in Uniform durch zerstörte Straßen, Bomben explodieren, zerfetzte Leichen liegen herum. Bilder, die an den 2. Weltkrieg erinnern, an Kämpfe in Serbien, Tschetschenien oder – etwas unblutiger – an Proteste in Ägypten.

Dann erhebt Ralph Fiennes das erste Mal das Wort und versetzt die Zuschauer ins frühe 17. Jahrhundert. Mit seinem Regiedebüt hat der britische Schauspieler William Shakespeares "Coriolanus" in die Gegenwart verfrachtet, die Geschichte um einen römischen Kriegshelden, der in die Verbannung geschickt wird und sich dann gegen Rom wendet. Ein Drama um Macht, Eitelkeit und Intrigen, das Ralph Fiennes nicht mehr losgelassen hat, seit er vor zehn Jahren die Rolle des Coriolanus spielte. Geradezu besessen sei er gewesen.

"Ich war überzeugt, dass diese Geschichte von Shakespeare zu einem starken zeitgenössischen Werk werden könnte."

Archaisch und martialisch ist der Film, bewegt sich bildgewaltig zwischen Hightech und Apokalypse.

Sie habe bei der Vorbereitung einfach an ihren Onkel gedacht, sagt Vanessa Redgrave, die Volumnia spielt, die machtbesessene Mutter von Coriolanus. Der Onkel, der immer Schauspieler werden wollte, hat im 2. Weltkrieg in der Royal Navy gedient und ist gestorben. Und als sie sich den Krieg vorstellte, sei bei ihr eine Lampe angegangen und sie habe die Rolle verstanden.

Coriolanus hat einen Gegenspieler, Aufidius. Es ist sein Intimfeind, und geradezu intim wirkt es auch, als Coriolanus zu dem Anführer der gegnerischen Volsker geht, um gemeinsam mit ihm gegen Rom zu kämpfen und sich somit für die Verbannung zu rächen.

"Coriolanus braucht einen Gegner und ich brauchte starken, maskulinen Mann. Außerdem ist das erotische Moment in Shakespeare sehr ausgeprägt. Wir haben über das Stück gesprochen und beschlossen, dass wir die Kämpfe ein bisschen wie Sex inszenieren."

Der Schotte Gerard Butler spielt Aufidius, und während es auf der Pressekonferenz nach dem Film sonst sehr sachlich zugeht, gerät der arme Butler in die Journalistenzange. Wie es denn sei, nach allen romantischen Komödien mal endlich eine vor Männlichkeit strotzende Rolle zu spielen, will eine Journalistin wissen. Eine andere schließt eine etwas gegensätzliche Frage an: Er habe ja auch in den Kriegs- und Hedenepen "300" und "Beowulf" mitgewirkt. Ob er denn diese männlichen Rollen genieße?

"Man kann eben einfach nicht gewinnen", sagt Gerard Butler. Schubladen gibt's immer. Ralph Fiennes immerhin hat sich gerade aus einer befreit. Und ist vom Schauspieler zum Regisseur geworden.