Methan als Ökostromspeicher

Von Johannes Kaiser · 13.12.2009
Das größte Problem aller erneuerbaren Energien, die Strom liefern, ist ihre mangelnde Speicherfähigkeit. Wind- und Solarstrom treten oftmals zu Zeiten auf, zu denen sie nicht gebraucht werden. Das Kasseler Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnologie präsentierte dazu nun zusammen mit dem Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung Stuttgart eine Lösung.
Die Idee klingt genial einfach: Aus Strom wird Methan hergestellt, also ein bekannter Brennstoff, denn er ist der Hauptbestandteil von Erdgas und lässt sich relativ leicht speichern. Als Erstes wird der Strom genutzt, um mithilfe der Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zu trennen.

Das beherrscht man inzwischen ganz gut, auch wenn die Verfahren noch keineswegs im großindustriellen Maßstab erprobt sind. Entscheidend ist jedoch der zweite Schritt, so Michael Sterner vom Kassler Fraunhofer Institut für Windenergie:

"Das Ganze ist ein chemischer Prozess, ein chemisches Verfahren, der Sabatier Prozess heißt. Man nimmt Wasserstoff und CO2. Die reagieren zusammen zu Kohlenstoffmonoxid und Wasser. Das Kohlenstoffmonoxid reagiert weiter mit einem anderen Teil vom Wasserstoff zu Methan, zu CH4 und dabei entsteht auch wieder Wasser. Das ist der gleiche Prozess, wie die Natur für lange Zeit Energie speichert."

Jede Pflanze nutzt die Sonnenenergie, um mithilfe der Fotosynthese Kohlendioxid aus der Luft in grüne Blätter, also Biomasse zu verwandeln. Nun kostet natürlich jede Energieumwandlung Energie. Bleibt also zu fragen, wie viel vom Wind- oder Solarstrom für die Methanisierung verbraucht wird, wie effizient das Verfahren ist. Zuerst einmal frisst die Elektrolyse, also die Herstellung von Wasserstoff, ein Viertel des regenerativen Stroms, so Michael Specht vom Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung Stuttgart:

"Dieser Wasserstoff wird jetzt dieser nachfolgenden Methanisierungsreaktion zugeführt, und dort handelt es sich um eine exotherme Reaktion, d. h. es wird ein kleiner Teil der Energie 'vernichtet'. Ich würde mal überschlagen sagen, 60 Prozent des eingesetzten Stroms ist nachher in Form von Methan verfügbar."

40 Prozent Energieverlust ist besser als 100 Prozent, so wie das derzeit immer häufiger der Fall ist, wenn zum Beispiel zu viel Windenergie angeboten wird und Windräder abgeschaltet werden müssen, weil niemand den Strom abnehmen kann. Je mehr Ökostrom angeboten wird, desto häufiger fällt er zu Zeiten an, in denen er nur zum Teil gebraucht wird. Die Sonne befeuert Solarzellen tagsüber, doch Elektrizität wird vor allem abends für Licht, Fernsehen und Haushaltsgeräte gebraucht. Ohne Speicher ginge ein Teil dieser tagsüber anfallenden Energie verloren. Und Methan ist ein guter Zwischenspeicher.
Nun braucht dieses Verfahren natürlich Kohlendioxid. Daran fehlt es bekanntlich nicht. Auch wenn eine Möglichkeit wäre, dass von Kohlekraftwerken ausgestoßene Kohlendioxid zu verwenden, wollen die Stuttgarter ihre für 2012 geplante 12 Megawatt Versuchsanlage lieber an eine Biogasanlage anschließen, denn Biogas besteht zu 60 Prozent aus Methan und 40 Prozent aus Kohlendioxid. Verwandelt man das Kohlendioxid auch noch in Methan, kann man den Energiegewinn der Biogasanlage fast verdoppeln. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte man das Kohlendioxid auch aus der Luft entnehmen. Das kostet allerdings zusätzlich Energie, wäre aber klimapolitisch sicherlich attraktiv, so Ingenieur Michael Sterner:

"Wenn Sie das CO2 aus der Luft nehmen und dann anschließend wieder verbrennen, ist es wieder in der Atmosphäre, aber es ist eigentlich genauso wie ein Blatt, wie die Biomasse. Die nimmt CO2 aus der Luft. Wenn sie dann verbrannt wird oder sich als versetzt, entweicht das CO2 wieder in die Luft und sie haben dadurch halt einen CO2 neutralen Energieträger."

Ein ewiger Kreislauf. Es gelangt im Prinzip kein zusätzliches Kohlendioxid in die Atmosphäre. Bleibt die Frage, warum man nicht bereits den gewonnenen Wasserstoff zur Energiespeicherung nimmt statt noch einen zusätzlichen und aufwändigen Verfahrensschritt weiterzugehen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen fehlt für Wasserstoff eine Infrastruktur, wie sie für Erdgas bereits vorhanden ist, also unterirdische Speicher, ein Verteilungsnetz, Erdgasheizungen oder Erdgasfahrzeuge.
"Zudem hat halt Methan eine dreifach höhere Energiedichte bezogen auf das Volumen, das heißt, wenn wir Wasserstoff speichern möchten unterirdisch, brauchen wir dreimal mehr Platz als wie bei Erdgas. Die Erdgastechnologie ist vorhanden, auch die Speichertechnologie ist erprobt, ist Stand der Technik. Bei Wasserstoff ist das noch nicht der Fall leider und Wasserstoff ist sehr schwierig zu speichern, halt auch hochexplosiv und entweicht leichter aus dem Speicher als Erdgas."

Noch steckt das Verfahren in den Kinderschuhen, doch sobald es erst einmal in großem Maßstab angewendet wird, rechnen die Forscher mit einem Preis für die Kilowattstunde Methanstrom von rund neun Cent. Das entspricht dem Preis von Biogas.