Mein Verein: Kanuclub Nordwest

Kanupolo - kein Sport für Wasserscheue

Ein Kanupolo-Spieler fährt am 05.01.2014 mit seinem Kayak bei 8 Grad Außentemperatur über die Havel in Berlin.
Ein Kanupolo-Spieler fährt mit seinem Kayak über die Havel in Berlin © picture alliance / dpa / Rainer Jensen
Von Caroline Kuban · 17.05.2015
Kanupolo ist ist eine Mischung aus Handball und Basketball im Kajak und einer Art Wasser-Rugby - jedenfalls ein schneller Ballsport mit packenden Zweikämpfe, rasanten Paddelsprints und gezielten Würfen.
"Da geht's einfach nur um blanke Kraft, um nichts mehr. Kraft, Wassergefühl und pure Energie, Adrenalin pur!"
Über dem Wasser hängen zwei Tore im Abstand von 30 Metern. Zweimal fünf Spieler sprinten in ihren Einerkajaks auf dem Spielfeld hin und her und versuchen den Ball in die Tore zu befördern, mit der Hand oder dem Paddel. Unter ihnen ist Henning Diedrich, Spieler in der Bundesligamannschaft des Kanuclubs Nordwest. Um die einhundert Mitglieder hat der Verein zur Zeit und ist 24-maliger Deutscher Meister. Hauptsächlich im Nachwuchsbereich.
"Die U21 Klassen national gibt es erst seit diesem Jahr, letztes Jahr hieß es noch Junioren, wo 17- und 18-Jährige gespielt haben. Da wurde unsere Mannschaft dritte auf der Deutschen Meisterschaft, vor zwei Jahren Vizemeister, also ganz ordentlich und die wollen auch dieses Jahr wieder um den Meistertitel mitspielen. Und die U21 Nationalmannschaften haben es leider noch nicht geschafft, den ganz großen Wurf zu landen in den vergangenen Jahren, aber sind jedes Jahr auf dem Treppchen und zählen auch jedes Jahr zu den Top-Favouriten."
Das Ballspiel im Kajak begeistert immer mehr Menschen und ist mit Welt- und Kontinentalmeisterschaften auch international im Vormarsch. In Deutschland hat Kanupolo mehrere Tausend Anhänger und wird bundesweit in über 100 Vereinen betrieben.
Holger Diedrich, Hennings Bruder, ebenfalls vom Kanuclub Nordwest Berlin, ist seit über zehn Jahren dabei. Nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer. Lässig an den Zaun gelehnt, beobachtet Holger den spannendsten Moment eines Kanupolospiels:
"Der Anstoß ist immer recht spektakulär. Beide Mannschaften stellen sich auf ihre Tor-Aus-Linie, ihre Grundlinie, und dann wird vom Schiedsrichter der Ball in die Mitte geworfen, und die schnellsten beiden Spieler aus jeder Mannschaft fahren aufeinander zu und probieren im Sprint den Ball zu ergattern. Sieht man jetzt, dauert so zehn Sekunden. Es kommt auch zu Momenten, wo der zweite Spieler, der ankommt, über den anderen rüberspringt, und mit dem kompletten Boot aus dem Wasser raus ist, das gibt es wirklich. Da gibt es auch Fotos von."
Der spannendste Moment ist der gefährlichste
Der spannendste Moment ist allerdings zugleich der gefährlichste. Denn gerade, wenn sich die Kajaks mit hoher Geschwindigkeit ineinander verkeilen, passieren die meisten Unfälle.
"Von der Bewegung im Rückraum, von der Ballbewegung ist es ähnlich wie Handball, es geht genauso zu Sache, wahrscheinlich ein bisschen mehr. Man sieht ja, die Boote fahren aufeinander, untereinander, ineinander, die Paddel gehen auf die Hände, aber das gehört dazu. Ich bring es auch allen Leuten immer so bei, wenn man eins auf die Hände kriegt, muss man die andere hinhalten und fragen, ob das schon alles war (lacht). Manchmal bleibt einem die Luft weg, dann muss man durchatmen, manchmal tut die Hand weh, der Arm weh, dann muss man halt weitermachen und hoffen, dass es wieder weggeht."
Schwere Verletzungen sind dennoch selten beim Kanupolo. Nicht zuletzt Dank der guten Ausrüstung. Dazu gehören ein Helm mit Gesichtsschutz und eine Schwimmweste. Sie soll den Oberkörper vor Paddelangriffen schützen. Aggressive Zweikämpfe sind Teil eines guten Kanupolospiels. Dennoch geht es unter den Spielern freundschaftlich zu, sagt Holger Diedrich:
"Natürlich sind wir auch alle eine große Familie, die Kanupolisten, es ist halt alles ein Amateursport, Förderung gibt es da nicht, selbst Nationalspieler müssen alles selber zahlen, und alle Kanupolospieler sind ein bisschen positiv verrückt. Man muss den Sport halt lieben, um ihn auszuüben."
Denn die Kosten sind enorm. Wenigstens alle drei Jahre ist ein neues Boot fällig. Kostenpunkt: 1500 - 2000 Euro. Noch öfter geht das Paddel zu Bruch. In guter Qualität muss man dafür bis zu 500 Euro ausgeben. Und auch die häufigen Reisen zu nationalen und internationalen Wettkämpfen müssen finanziert werden.
Die besten deutschen Mannschaften spielen in der Bundesliga. Sven Westphal gehört seit vielen Jahren dazu. Er ist Spieler und arbeitet ausserdem als Trainer und Schiedsrichter. Obwohl Westphal mit seinen 39 Jahren einer der älteren Spieler ist, denkt er noch lange nicht ans Aufhören.
"Ich hab mir vorgenommen, irgendwann mal der älteste Polospieler hier in Deutschland zu sein. Da hab ich noch ne Weile zu tun. Ich kenne jemanden, der hat noch mit 53 in der Bundesliga gespielt. Ich kann einfach nicht aufhören, der Virus hat mich total gepackt und es macht mir nach wie vor Spaß, is mein Ding, Kanupolo."
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