Mein Kumpel, der Roboter

Von Michael Engel · 06.08.2013
Bisher sind Roboter mehr oder weniger multifunktionale Werkzeuge, doch schon bald könnten sie den Menschen auch unterhalten und motivieren – zum Beispiel auf Weltraumflügen. Wissenschaftler der Uni Bielefeld haben Roboter eigens für diesen Zweck entwickelt - und an Flugschülern getestet.
Roboter sind bisher mehr oder weniger multifunktionale Werkzeuge, doch bald schon könnten sie den Menschen sogar unterhalten und motivieren – zum Beispiel auf Weltraumflügen. Wissenschaftler der Uni Bielefeld haben Roboter eigens für diesen Zweck entwickelt - und an Flugschülern getestet.

Noch ist es nicht soweit. Doch bald, da ist sich Prof. Franz Kummert von der Uni Bielefeld sicher, werden Astronauten zu fremden Planeten fliegen. Über Jahre. Damit ihnen nicht langweilig wird, zum Beispiel beim Sport auf dem Raumschiff-Ergomenter, könnten Roboter als Motivationstrainer dienen:

"Wenn man alleine Sport macht, macht’s vielleicht nicht so viel Spaß, als wenn ich noch einen Partner habe. Und eine Idee war eben zu sagen, dieser Sport, den diese Astronauten im Normalfall natürlich immer alleine machen müssen, weil immer nur ein Sportgerät auf so einem Raumschiff vorhanden ist, inwieweit wir durch die Interaktion mit dem Roboter die Astronauten zu verleiten, vielleicht gewisse Übungen besser auszuführen, dass sie mit größerer Freude diesen Sport auch machen."

Und so geht’s. Erster Schritt: Musik an - Dann – unter Schwerelosigkeit – rauf das Ergometer. Nun tritt auch schon der Roboter in Aktion. Ein kleiner Wicht – nicht mal 80 Zentimeter hoch – aber mit fester Stimme:

"… und versuche 150 Watt zu erreichen!"

... ruft Nao und feuert die Astronauten mit rhythmischen Armbewegungen auch noch an, wenn er merkt, dass die Leistungen nachlassen. Nao ist ein humanoider Roboter, steht auf zwei Beinen und ist allein dazu da, Menschen im All auf Trab zu halten. Nebenan motiviert seine Kollegin "Flobi" – aber mehr auf mentaler Ebene:

"… ich möchte jetzt die zweite Karte in der ersten Reihe aufgedeckt bekommen. Nun decke in der zweiten Reihe die erste Karte auf!"

Flobi hat ein "tierisch" gutes Gedächtnis beim Memory-Spiel. Verdammt schwer, gegen den elektronischen Gegner zu gewinnen. Aber es macht auch Spaß, ihm beim Gewinnen zuzuschauen. Flobi ist ein sogenannter "Kopf-Roboter" mit dicken Augenbrauen, die sich heben, wenn Flobi gewinnt und dann verzieht sich auch noch der Mund zu einem Lächeln.

"Da hast Du aber mal voll verloren. Möchtest Du nochmal spielen? Nein? Schade, ich hätte gerne weiter gespielt. So, ich gönne mir jetzt mal eine Pause."

Flobi und Nao befinden sich noch nicht an Bord eines Raumschiffes. Niemand fliegt heute zu fernen Planeten. Ob der elektronische Beistand helfen kann, die Zeit zu überbrücken, das sollte das Experiment mit Nao und Flobi herausfinden. Drei Wochen lang hatten sich acht Versuchspersonen den Anweisungen der beiden Roboter ausgesetzt. Niemand kam in dieser Zeit aus dem isolierten Raum heraus. So wie in einem richtigen Raumschiff. Ergebnis der ungewöhnlichen Studie:

Franz Kummert: "Was wir so nach erster Durchsicht der Fragebögen bekommen haben ist, dass die Probanden durchaus Spaß mit unserem System hatten. Man kann es, denke ich, auf den Punkt bringen, dass im Durchschnitt besser die vorgegebenen Übungen auch durchgeführt wurden."

Bis zum ersten extraterrestrischen Flug zum Mars wird es sicher noch eine Weile dauern. Zeit, um weitere Studien durchzuführen. Bis dahin könnten sich die elektronischen Fitnesstrainer aber auch gut hier unten nützlich machen, meint der Roboter-Experte Dr. Ingo Lütkebohle aus Bielefeld:

"Was man sich schon vorstellen könnte, ist in diesem Personal-Training-Bereich, wo ja schlicht und ergreifend aus Kostengründen oder auch weil es nicht so viele Trainer gibt, jetzt nicht jeder, während er im Fitness-Studio seine Übungen macht, einen Personal Trainer dabei haben kann. Da wäre natürlich ganz in der Zukunft irgendwann mal denkbar, dass es vielleicht einen Roboter gibt, der sich daneben stellt, schaut, ob das richtig durchgeführt wird, einen Tipp gibt, solche Dinge."

Von wegen Zukunft! Mit "Rufus" gibt es zumindest schon den Prototypen eines elektronischen "personal trainers", entwickelt von "Locomotec" in Augsburg. Der Roboter auf Rädern rollt dem Läufer nach einem voreingestellten Trainingsplan voraus. Auch draußen - über Stock und Stein.

"Hallo Ramin, Billy hier!"
"Hallo Billy."
"Wir sollten gerade mal Deinen Kalender durchgehen. Bist Du bereit?"
"Ja, ich bin bereit!"

Das hier ist "Billy". Kein Roboter im eigentlichen Sinne, sondern ein "virtueller Agent". Das heißt, Billy existiert nur auf dem Monitor: Ein junger Mann mit Jeans, T-Shirt und kurzen, blonden Haaren. Wenn die "Computerfigur" spricht, bewegt sich der Mund, wobei sein Gesicht mal freudig, mal fragend oder streng ist, je nachdem, wie Billy gerade drauf ist. Prof. Stephan Kopp von der Uni Bielefeld hat sich das Ganze ausgedacht:

"Diese Agenten kreieren auch so etwas, was man eine "soziale Präsenz" nennt. Da ist nicht eine Maschine, sondern da ist "irgendetwas" - hin zu "irgendjemand". Und diese sozialen Effekte führen dazu, dass die Leute dieser Maschine eigentlich, die es ja nach wie vor noch ist, mehr Vertrauen entgegen bringen, und sich zum Beispiel auch mehr anstrengen, wenn mir so ein Agent etwas sagt, also sind motivierter auch durch die sozialen Effekte."

In Computerspielen sind die virtuellen Agenten schon im Einsatz. Sie erklären Spielregeln, dienen als digitale Sparringpartner. Mit "Billy" haben die Computerexperten aber noch etwas Besonderes vor. In der Altenhilfe soll er bei der persönlichen Terminplanung der Seniorinnen und Senioren helfen und auch schon mal ein Telefonat via Skype vermitteln. Ob die durchweg betagten Menschen das gut finden, Hilfe aus virtueller Hand? Vielleicht, wenn die Konstrukteure dieser Maschinen selber ins Rentenalter gekommen sind.

Billy: "Alles klar. Ich trage es ein!"
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