Mein 9. November: Hans-Gerd Adler

26.10.2009
Hans-Gerd Adler, geb. 1941 in Heiligenstadt in Thüringen, 18 Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt. Zum Zeitpunkt des Mauerfalls war er als Revisor/Wirtschaftsökonom im dortigen Kombinat Solidar (Reißverschlüsse, Kleinmetallwaren) tätig. Heute arbeitet er ehrenamtlich im Grenzmuseum Schifflersgrund in Asbach-Sickenbach mit.
Als wir das dann abends gehört haben, dass die Mauer in Berlin gefallen war, dann hat uns das natürlich sehr überrascht und erst mal mit Jubel erfüllt, weil wir ja hier in Heiligenstadt nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze sehr unter der deutschen Teilung gelitten haben. Wir haben das ja hautnah mitbekommen, als die Grenze gezogen wurde und auch viele ehemalige Verbindungen, verwandtschaftliche Beziehungen, die Richtung Hessen, Niedersachsen unterbrochen waren durch diese Grenze. Aber die verwandtschaftlichen Kontakte waren da. Die Zwangsevakuierungen, die dort gelaufen sind 1952, 1961 und auch zwischendurch. In dieser ganzen Spanne haben wir also sehr drunter gelitten. Insofern waren wir also auch sehr erfreut, dass dieses Ereignis in Berlin stattgefunden hat.

Ich habe selbst den ersten Grenzübertritt dann erst im Dezember erlebt. Und zwar wohnt eine Schwester von mir in Frankfurt. Die hatten dort eine Genehmigung beantragt, dass sie uns zur Adventszeit in Heiligenstadt besuchen kommen. Eines Tages klingelt es und meine Schwester stand draußen. "Ach, ihr kommt ja heute schon!" Und wir haben uns gefreut. "Nun holt doch eure Koffer rein, wir freuen uns sehr!" - "Wir haben keinen Koffer mit!" - "Wieso denn das nicht?" - "Weil wir wollen euch heute holen! Wir wollen euch nach Frankfurt holen!" Und da haben meine Frau und ich, ich fühle des jetzt noch, wenn ich dran denke, erst mal gesessen und haben geweint über diese plötzliche Sache. Und dann haben die uns eingeladen. Und dann sind wir über Witzenhausen über die Grenze gefahren.