Mehr Spaß mit "Connected Living"?

Von Michael Engel · 07.03.2012
Hinter "Connected Living" - der sogenannten Heimvernetzung - steht die Idee, alle Geräte innerhalb einer Wohnung miteinander zu verbinden. Via Internet vernetzt sich das Ganze dann auch nach draußen. Was noch alles möglich ist, ist derzeit in Halle 26 der Computermesse CEBIT in Hannover zu sehen.
Man stelle sich vor: Es bläst ein kräftiger Wind an der Küste. Die Windparks produzieren Strom im Überfluss, und die Preise an den Strombörsen purzeln in den Keller. Für Grzegorz Lehmann, der an der TU Berlin für "Connected Living" forscht, könnte bald auch der Verbraucher von tiefen Preisen profitieren, wenn zum Beispiel der Warmwasserspeicher genau in dieser Phase eingeschaltet wird.

"Das System heizt in bestimmten Zeiten vor bzw. kann bestimmte Heizvorgänge, basierend auf Preissignalen, verschieben. Wenn wir ein Signal von der Strombörse bekommen, dass jetzt zum Beispiel sehr viel Windenergie verfügbar ist und diese billig eingespeist werden kann, können wir hier das Wasser vorheizen und damit eine Ersparnis beim Endnutzer erzielen."

Bei Verwendung der dynamischen Arbeitspreise könnten 150 Euro im Jahr gespart werden, so das Ergebnis einer Modellrechnung. Notwendig dazu ist ein Gerät, das die aktuellen Strompreise via Internet in Echtzeit kennt, und bei Bedarf den Heizkessel einschaltet. Oder die Waschmaschine, den Trockner, den Backofen.

"Da ist auch sehr wichtig anzumerken, dass ich immer Eingriffsmöglichkeiten habe. Also das System bevormundet mich nicht. Wenn ich das nicht möchte, kann ich jederzeit das Gerät manuell, oder die automatische Steuerung des Systems überschreiben oder deaktivieren. Es ist nicht begrenzt auf Strom zum Beispiel. Man kann einen digitalen Zähler für Gas einbauen oder für Wasser. Und in all diesen Bereichen kann man verschiedene Optimierungen vornehmen, automatisch, die dazu führen, dass die Verbräuche kleiner sind bzw. die Kosten bei dem Nutzer gesenkt werden."

"Connected Living" – so die Idee der Macher – schafft aber nicht nur eine Verbindung nach draußen. Auch intern, innerhalb der Wohnung, sind die Geräte vernetzt und können dann vom Sofa aus mit der Fernbedienung des Fernsehers bequem gesteuert werden. Für Alexander Manecke von der Deutschen Telekom firmiert das Ganze unter "Connected Media" – der Fernseher als Leitstand und Schaltzentrale fürs ganze Haus.

"Ein Beispiel ist die Gerätesteuerung. Mit der Gerätesteuerung sind wir in der Lage, verschiedene Geräte verschiedener Hersteller über eine einheitliche Plattform anzusteuern. Das heißt, wir können Haushaltsgeräte verschiedener Hersteller, Waschmaschinen als auch Dunstabzugshauben einheitlich ansteuern. Und man bekommt dann Informationen, wie die Restlaufzeit ist, welches Programm gerade läuft. Man könnte auch zum Beispiel das Licht in der Küche ausmachen von der Dunstabzugshaube."

Während im Wohnzimmer ein Krimi läuft, kann in einem kleinen Bildfenster der Schleudergang der Waschmaschine im Keller kontrolliert werden, und ob die Strompreise immer noch niedrig sind. Die Heimvernetzung wird unser Wohnverhalten massiv verändern, prophezeit Torsten Witusch. Er ist der Geschäftsführer des Vereins "Connected Living", dem viele bedeutende Unternehmen – vom Gerätehersteller bis zum Stromversorger – angehören.

"Es wird in absehbarer Zeit wahrscheinlich keine Wohnung mehr geben, in denen eine Heimvernetzung nicht zumindest vorgesehen ist, so dass man hier verschiedenste Geräte anbinden kann. Sei es der Fernseher, den man heute schon zu Hause vernetzen kann. Aber künftig kann, wie Sie hier auch am Stand sehen können, beispielsweise ein Ergometer Bestandteil eines vernetzen Hauses sein, indem ich gewisse Aktivitätspunkte, die ich auf so einem Gerät erziele, in einen beispielsweise Kochassistenten hineingebe. Der Kochassistent berechnet aufgrund meiner Aktivität des heutigen Tages mit Blick auf ein gewisses Ernährungsziel, wie viel Kalorien ich beispielsweise noch zu mir nehmen darf. Und hier bietet diese Technologie gewisse Vorteile durch Unterstützungskomponenten, die mich so ein bisschen anleiten, Dinge besser zu tun."

Selbstredend, dass der Ergometer in der heimvernetzten Wohnwelt nicht einfach irgendwo rumsteht, sondern vor einem großen Monitor positioniert ist. Wenn Paul Zernicke von der TU Berlin in die Pedalen tritt fährt er durch eine virtuelle Welt – wahlweise können das die Straßenschluchten von New York sein oder eine Hügellandschaft in Andalusien. Das alles im Dienste der Gesundheit, wie der Informatiker versichert.

"Also hier ganz konkret brauchen wir eigentlich nur den Puls, wir brauchen die Tretfrequenz des Benutzers. In den anderen Diensten des Gesundheitscoaches kommen noch diverse andere Geräte zum Einsatz. Da geht es dann zum Beispiel um Pulsoxymetriesensorik, Aktivitätssensorik, über Beschleunigungsmesser, dass man zum Beispiel einen Arzt oder auch beispielsweise einen Trainer hat, der zum Beispiel mal schauen kann, aha, wie ist es denn bei Dir gelaufen mit der Entwicklung zum Beispiel von Kondition etc. und so was dann auch gemeinsam besprechen kann."

Besprechungen laufen in einer heimvernetzten Welt dann natürlich auch via Videokonferenz. Während der Bewohner in die Pedalen geht, erscheint der Trainer in einem Fenster im Bildschirm und gibt Anweisungen.

"Also das eigentliche Coachen ist im Endeffekt, wenn man mit dem Coach zum Beispiel besprochen hat, OK, wir sollten so und so viel Training machen die Woche, vielleicht mit den und den Belastungsintensitäten, dann kommt hier dieses virtuelle Radrennen zum Einsatz, das der Coach dann durchaus einmal anbietet und sagt, hey, ich habe festgestellt, Du fährst ja gerne Rad, wie sieht es denn aus, möchtest Du mal hier in dem Fahrradrennen die neueste Strecke ausprobieren, die Deine Frau oder Dein Kind oder Deine Bekannten eingespielt haben."

"Connected Living" wird unser Leben revolutionieren, prophezeien die Forscher und kreieren dabei ziemlich viel digitalen Schnickschnack. Doch nicht alles, was machbar ist, wird von den Menschen gewollt. Was im Wohnzimmer der Zukunft wirklich landet, bleibt abzuwarten. "My Home is my castle". Ob "Connected Living" hier überhaupt einen Fuß hinein bekommt, und wie die Heimvernetzung am Ende aussieht, ist derzeit völlig offen.
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