Medienkompetenz lernen

Von Barbara Schäder · 21.03.2013
Wie selbstverständlich tummeln sich Jugendliche in sozialen Netzwerken wie Facebook. Im Netz werden aber nicht nur Nettigkeiten ausgetauscht. Cybermobbing ist an vielen Schulen ein echtes Problem. Ein neues Projekt in Frankfurt bietet Hilfe zur Selbsthilfe.
Ihre ersten schlechten Erfahrungen mit Facebook hat Adna schon gemacht, als sie selbst noch gar nicht dort angemeldet war. Von Freundinnen erfuhr sie, dass irgendjemand in dem sozialen Netzwerk ein Profil unter ihrem Namen eingerichtet hatte. Auch Fotos der Achtklässlerin waren dort eingestellt. Adna holte Hilfe:

"Ich hab mit meiner Lehrerin dann gesprochen, und wir haben in der Klasse rumgefragt, ob jemand weiß, wer es sein könnte. Aber dann wusste es halt keiner und ich hab meinen Freundinnen gesagt, sie sollen die Fotos melden, und die wurden auch rausgeholt. Aber die Person, die es gemacht hat, hat halt Anfragen an andere Leute geschickt und hat mit anderen Leuten geschrieben, als ob ich es wäre. Die Freundinnen haben dann halt geschrieben: Hör auf damit, wir wissen, dass Du nicht Adna bist. Und nach ner Zeit lang halt ist er rausgegangen und der Fake Account ist jetzt nicht mehr da. Aber ich weiß halt immer noch nicht, wer's war."

Kampf gegen Internet-Gefahren
Adna hat mittlerweile ein eigenes, echtes Facebook-Profil. Aber sie will mehr darüber wissen, wie Missbrauch im Netz verhindert werden kann. Deshalb ist sie diese Woche zum Vorbereitungstreffen der Digitalen Helden gekommen. So heißt ein neues Programm, mit dem Schülerinnen und Schüler in Hessen für den Kampf gegen Gefahren im Internet gerüstet werden sollen.

Helden, weil die 12- bis 15-Jährigen später ihren Klassenkameraden und jüngeren Schülern bei Problemen helfen sollen. Florian Borns, einer der Initiatoren, erklärt das Projekt so:

"'"Die Idee bei den Digitalen Helden ist ja: Siebte bis Neuntklässler gehen in die sechste Klasse hinein, halten dort Klassenbesuche ab über Cybermobbing – aber insgesamt auch über den bewussten Umgang mit dem Internet. Da geht es um Sachen wie Passwortsicherheit, welche Daten lasse ich von mir im Internet - diese Themen können Jugendliche besonders authentisch rüberbringen.""

Erst einmal brauchen die 22 Mädchen und Jungen, die in einer ersten Runde an dem Programm teilnehmen, aber selbst Nachhilfe in Sachen Datenschutz. Das wird bei dem Vorbereitungstreffen im Frankfurter Museum für Kommunikation schnell deutlich. Nachdem zwei Medienpädagoginnen die wichtigsten Regeln für ein sicheres Passwort erklärt haben, stürzen die Jugendlichen an die Computer im Seminarraum.

Matthias überprüft seine Passwörter wie empfohlen im Online-Sicherheitscheck eines Datenschutzbeauftragten:

"Wir haben herausgefunden, dass unsere Passwörter, die wir verwenden, eigentlich unsicher sind. Die enthalten zu wenig Zahlen und Buchstaben oder keine Zeichen, wie Ausrufezeichen oder so. Ich weiß nicht, ob ich alle ändere, aber die wichtigen für E-Mail-Adressen änder ich."

Vorsicht beim Profilbild
Komplizierter ist die Frage: Wie viele und welche Daten will ich in sozialen Netzwerken preisgeben? Medienpädagogin Angelika Beranek zeigt den Jugendlichen, wie sie die Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook so ändern können, dass bestimmte Informationen nur enge Freunde zu Gesicht bekommen. Stets öffentlich ist dagegen das Profilbild. Allein schon dieses Foto verrät manchmal mehr, als den Jugendlichen bewusst ist, sagt Beranek:

"Jedes Bild, auf dem eure Freunde euch erkennen, kann auch ein Computerprogramm erkennen. Das geht so weit, dass es in Amerika ne Gesichtserkennungs-App gibt, ist bei uns in Deutschland Gott sei Dank in der Form verboten. Da nehm ich das Handy, machn Foto von Dir, geh ins Internet und sag: Bitte such mir mal alle Fotos, auf denen sie zu sehen ist. Da komme ich auf ihr Facebook-Profil, selbst wenn sie sich da ganz anders genannt hat. Da komme ich auf Zeitungsartikel, die Homepage der Schule vielleicht, und krieg ganz viele Informationen. Mir persönlich wär das unangenehm, wenn irgendjemand Fremder ankommt und sagt: Wo wohnst denn du, was hast du für Hobbys? Also wenn ich als fremde Person ankommen würde, und würde all das fragen, würdest Du mir da antworten?"

Schüler: "Nö."
Angelika Beranek: "Was würdest Du von mir denken?"
Schüler: "Keine Ahnung – was will der von mir, oder so." (Gelächter)"

Angelika Beranek empfiehlt deshalb ein Profilbild, auf dem das Gesicht nicht zu sehen ist, die Schüler für ihre Freunde aber trotzdem erkennbar sind. Beispielsweise eine Rückenansicht. Worüber man allerdings keine Kontrolle hat, ist, welche Fotos oder auch Filme andere von einem im Netz veröffentlichen.

Das kann besonders verheerende Folgen haben, weiß Lehrer Stefan Winter:

""Darüber lacht dann die ganze Schule, das verbreitet sich ja mittels der internetfähigen Handys innerhalb von einer Schulstunde in der gesamten Schule. Und um das gar nicht erst in Gang kommen zu lassen, ist es enorm wichtig, präventiv tätig zu werden."

Genau da setzt das Projekt Digitale Helden an. Nach mehreren Schulungen sollen die ausgewählten Siebt- bis Neuntklässler andere für den Umgang mit Daten und Bildern im Netz sensibilisieren und bei Problemen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Einige haben in der Vergangenheit schon Mobbing-Opfern den Rücken gestärkt. Larissa erzählt:

"Es war so, dass ne Freundin von mir da reingezogen wurde, sie wurde beschimpft, es wurden Fotos von ihr runtergeladen. Also ich war halt nicht das Opfer, aber ich hab dann auch zu meiner Freundin mehr gehalten."

Damit die Jugendlichen in derart schwierigen Situationen nicht allein sind, stellen die zunächst fünf beteiligten Schulen jeweils einen Lehrer als Berater für das Projekt ab. Zusätzlich soll es digitale Sprechstunden bei den externen Medienpädagogen geben, für strafrechtliche Fragen steht ein Polizist als Ansprechpartner bereit. In den kommenden drei Jahren soll das Programm auf weitere hessische Schulen ausgedehnt werden. Bisher ist allerdings nur die Pilotphase finanziert, deshalb werden noch Geldgeber gesucht.
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