Mayer Hawthorne

Reminiszenz an den Ghetto-Funk

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Der US-amerikanische Sänger Mayer Hawthorne © imago stock&people
Von Jutta Petermann · 09.03.2015
Der US-amerikanische Sänger Mayer Hawthorne ist der Retro-Soul-Darling der 2010er-Jahre. Er hatte sich dann mit seinen letzten Alben mehr in Richtung Pop und Funk entwickelt. Nun ist er mit seinem neuen Bandprojekt namens "Tuxedo" bei schillernden Funk-Sounds angekommen.
"Bei Tuxedo geht's nur ums Tanzen. Es geht darum, die Leute wieder zum Tanzen zu bekommen. Ich habe das Gefühl früher wollten sich die Leute schick machen fürs Ausgehen und tanzen. Heute geht jeder in den Club steht rum, starrt auf sein Telefon und checkt sich auf Instagram."
Mayer Hawthorne, erfolgsverwöhnter Soul-Pop-Star der letzten Jahre, gibt sich keine Mühe irgendeinen Tiefsinn in seine neuesten Kompositionen hinein zu deuten. Der 36-Jährige zelebriert klanglich brillant-eleganten rein äußerlichen Stil mit dem Bandprojekt Tuxedo. Das Wort steht im US-Amerikanischen für Smoking und Cocktails. Er und sein Kompagnon Jake One tragen selbst für das Interview die sehr zeitgemäße Version eines Smokings, schwarze taillierte Stoffjacken mit kleinen Smoking-Rüschen entlang des Reißverschlusses, zu natürlich schwarzen Anzughosen. Sie wollen Mut machen stilvoll zu sein, auch wenn es darum geht, die Tanzfläche zu seiner eigenen Bühne zu machen. Da habe die aktuelle Tanzmusik den Tänzern zu wenig zu bieten.
"Wenn Du Tänzer bist oder tanzen willst, was machst Du denn, wenn gar kein Platz ist zwischen den Beats?
Tanzen ist doch mehr als nur rumhüpfen. Du kannst zu unserer Musik viel kreativer tanzen, als zu etwas das einfach nur 130 Beats pro Minute ist auf der Tanzfläche, wie etwa beim Techno."
Tuxedo ist ein Dance und Party Album für Leute, die sich zeigen wollen. Mayer Hawthorne und Jake One sehen ihre Musik als Reminiszenz an den zurückgelehnten Ghetto-Funk der us-amerikanischen Westküste. Der war in den 90ern populär, als sie selbst aufwuchsen. Doch unüberhörbar ist auch das Discoappeal ihres Sounds - die hedonistischste Ära des Pop. Damals, Ende der 70er-Jahre, wurden die beiden gerade erst geboren.
"Vielleicht ist das der Grund warum wir versuchen nachträglich Teil dieser Ära zu sein, die wir verpasst haben. Es schien mir immer so als ob das eine ziemlich spaßige (unterhaltsame) Zeit war, die dann leider schnell zu Ende war."
Liebesverlangen und erotischen Phantasien
Das ihre Songs schillernde und glanzvolle, aber sich gerne wiederholende Hüllen für eine durchtanzte Nacht sind und keine Tiefe haben, nehmen Mayer Hawthorne und Jake One gelassen. Die Texte handeln von Liebesverlangen, erotischen Phantasien und wie gut es sich anfühlt, wenn sich das ein oder andere erfüllt. Aber das sie auf Tuxedo unter ihrem musikalischen Können agieren, das sieht vor allem Mayer Hawthorne anders.
"Ich nehme es mal als enormes Kompliment, das es für Dich einfach klingt, dass es anstrengungslos rüberkommt, denn auf diesem Album ist die Musikalität sehr komplex. Tatsächlich haben die talentiertesten Musiker überhaupt auf Boogie Funk Platten gespielt, wie etwa der Bassist Bernard Edwards oder auch Nile Rodgers von Le Chic. Das waren und sind vollendete Musiker und deshalb fließt diese Musik auch so gut."
Der Fluss der Musik, das ist die Messlatte, als sie sich an das Projekt machen. Obwohl Mayer Hawthorne die letzten drei Jahre permanent tourt und Jake One in seinem Studio in Seattle etliche andere Künstler produziert, wollen sie unbedingt vermeiden, sich ihre Ideen, wie heute eigentlich üblich, via Mail zu schicken und ein Internetalbum zu machen. Es komme einfach nicht dasselbe dabei raus, es fühle sich nicht gut an, getrennt zu arbeiten. Also komponiert Jake One die Musik schon mal vor und der aus Detroit stammende Mayer Hawthorne bringt dann später die Texte dazu mit und verpasst den Songs den Feinschliff. Das Endergebnis soll den großen Funksongs der Popgeschichte standhalten.
"Wir wollten einfach so ein ähnliches Gefühl kreieren, das war uns wichtiger als alles andere. Weißt Du, wir sind DJ's und wir legen immer noch die gleichen klassischen Funk-Songs auf, weil sie sich immer noch gut anfühlen nach all den Jahren und wir wollten selbst etwas machen, das wir gleich im Anschluss daran spielen können."

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