"Mavo"

Antikunst aus Nippon

Von Tina Klatte · 05.02.2016
Auch Japan hatte seine Dada-Bewegung: "Mavo". Der Performance-Künstler und Musiker Tomomi Adachi beschäftigt sich seit zehn Jahren mit der sinnfreien Kunst, die - wie er sagt - jeder machen kann.
"Tonight, we want to introduce the group named Mavo, a Japanese dadaist collective from the 1920s. They presented visual collages, experimental poetry, absurd theatrical works, theoretical essays on philosophy and art, dance performances without technical training and noise music using their own self-made instruments."
Ein 20-köpfiger Chor fährt auf Fahrrädern schreiend und klingelnd durch den Saal - in der Mitte steht der Performance-Künstler Tomomi Adachi vor einem umgebauten Fahrrad, dem er alle möglichen Klänge entlockt. Die Vokalistin Audrey Chen erzählt dazu die Geschichte der ersten japanischen Dada-Bewegung "Mavo":
"Thegroup Mavo tried to extend the idea to theatre, architecture and music"
In Europa weitgehend unbekannt
Tomomi Adachis Performance-Reihe MAVOtek ist eine Hommage an die Ursprünge der japanischen Avantgarde.
"Ich finde es sehr wichtig, hier meine künstlerischen Wurzeln zu präsentieren. Dass ich als Japaner experimentelle Kunst mache, ist nichts Außergewöhnliches. Die meisten Leute aus Europa wissen nicht, dass es in den 20er Jahren auch in Japan eine Dada-Bewegung gab. Das ist eine Erleuchtung!"
Mavo gründetete sich 1923 in Tokyo.
"Das ist wie 'Dada' - es hat keine Bedeutung. Auch den Laut 'vo' gibt es im Japanischen gar nicht. Sie haben absichtlich so ein Wort gewählt, es funktioniert nicht im Japanischen."
Inspiriert von der deutschen Dada-Bewegung
Der Gründer der Mavo-Gruppe, Tomoyoshi Murayama, lebte Anfang der 20er-Jahre in Berlin und lernte dort die europäische Avantgarde kennen. Zurück in Japan rief er dann den japanischen Dadaismus ins Leben:
"Wenn man darüber nachdenkt, was die historische Dada-Bewegung war, dann war Mavo wirklich Dada. Denn auch sie versuchten wirklich, sich von der Vergangenheit zu verabschieden."
In Europa änderte die Erfahrung des Ersten Weltkrieges Gesellschaft und Kunst radikal. In Japan verursachte das Kanto-Erdbeben 1923 ein ähnliches Trauma - allein in Tokyo starben 140.000 Menschen.
"Und die Menschen fühlten, dass dies das Ende einer Welt ist – und der Beginn einer neuen Welt. In dieser Zeit war die dadaistische Bewegung sehr aktiv. Abbruch und Zerstörung war also ein wichtiges Thema."
"This is a fragment from a sound poetry written by Hide Kinoshita..."
"Ich habe mich gefragt, wie ich ihre Theaterperformances rekonstruieren kann. Dieses Mal habe ich mich sehr auf die musikalischen Elemente der Mavo-Gruppe konzentriert. Wir wissen, dass sie ihre eigenen Instrumente gebaut haben - und die haben Krach gemacht."
Laienchor trifft auf Fahrradinstrument
"Und sie hatten keinerlei musikalischen Kenntnisse. Deswegen denke ich, sie haben einfach mit Geräuschen improvisiert."
Ein selbstgebautes Instrument aus Fahrradteilen und Kontaktmikrophonen, elektronisch verfremdete voice performance, und ein improvisierender Laienchor - damit will Tomomi Adachi die Idee des Dadaismus verkörpern.

"Für mich ist Dada auch die Idee, dass jeder Kunst machen kann. Du brauchst keinerlei Fähigkeiten, um diese Kunst zu machen. In diesem Punkt bin ich und meine Performance wirklich Dada."
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