Maschinen werden intelligenter

Von Wolfgang Noelke · 29.04.2012
Industrieroboter, die den ganzen Messetag nichts weiter tun, als mit allerlei Verrenkungen zu zeigen, wer am schnellsten Golfbälle sortiert oder kraftstrotzend Autoteile von hier nach dort trägt, waren auf der Hannover Messe nicht angesagt. Deutlich gefragter waren Maschinen, die Intelligenz vermuten lassen.
Maschinen sollen künftig mit veränderten Umgebungen zurechtkommen, sollen eigene Entscheidungen treffen und zusammenarbeiten. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich demonstriert dies mit Flugdrohnen, sogenannten Quadrokoptern, die trotz halsberecherischer Flugmanöver nicht zusammenstoßen:

"Was im Moment noch fehlt ist, dass die Quadrokopter selber Sensoren haben an Bord, die ihnen sagen, wo sie sind und wo sich die anderen Quadrokopter befinden. Im Moment ist es das Kamerasystem, das es von oben beobachtet."

Und jeden Quadrokopter erkennt und zentral steuert, in welche Richtung er einem entgegenkommenden Kollegen ausweichen soll. Angela Schölling gehört zum Entwicklerteam an der ETH Zürich, das daran arbeitet, künftig jeden Quadrokopter selbst entscheiden zu lassen:

"Der Roboter hat selber Sensoren, um die Umgebung wahrzunehmen, um schnell zu reagieren, autonom."

Die kleinen Flugroboter werfen sich sogar in der Luft gegenseitig die Bälle zu:

"Sie spielen Badminton zusammen. Das ist vielleicht eine unserer schwierigsten Demonstrationen, die wir haben. Wir hatten auch schon einen Hobbypiloten, der viel trainiert hat und versucht hat, einen Quadrokopter von Hand zu steuern, um Ball zu spielen. Und er hat das tagelang geübt und nicht geschafft."

Sogenannte intelligente Systeme sollen Robotern interaktive Fähigkeiten verleihen: am Stand des DFKI, des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, können sich Messebesucher an einen Arbeitsplatz setzen und einen elektronischen Schlüsselfinder zusammensetzen, ohne das jemals vorher geübt zu haben.

Eine bunte Hand auf dem Bildschirm eines, über den Arbeitsplatz gehaltenen Smartphones zeigt, aus welchem Kasten man ein Teil herausnehmen und wie man es wohin legen soll, um es danach mit einem ebenfalls vom Smartphone erkannten Werkzeug zu montieren. Gleichzeitig lernt man anhand der Bilder ohne fremde Anleitung die optimalen Handgriffe, sagt der Wissenschaftliche Direktor des DFKI, Professor Detlef Zühlke:

"Wir haben hier eigentlich in einem ersten Schritt nur demonstrieren wollen, dass man mit einer heute verfügbaren Technik aus dem Konsumbereich schon eine sehr schöne Hilfestellung im industriellen Bereich geben kann."

Fällt eine große Industriemaschine aus, werden lange Wartezeiten auf anreisende Spezialisten des Herstellers überflüssig. Ein Techniker in der Nähe kann helfen:

"Diese Maschinen sind an ein Netzwerk angebunden. Die Fehlermeldung läuft bei einem Instandhalter auf. Der Instandhalter kann per GPS auf diesem Pad sich führen lassen mit seinem Auto bis zum Ort des Geschehens, wird dann an den Schrank des Geschehens geführt. Er kann sich dann anzeigen lassen, wie virtuell die Türen des Schranks geöffnet werden und dann blinkt es und zeigt ihm an, welches der Bauteile hat jetzt zum Beispiel diese Fehlermeldung ausgelöst, ohne dass er jetzt mit irgendwelchen Kabelgeräten an das System drangehen muss. Und wenn dann eine Reparatur ansteht, kann man ihm natürlich anzeigen, wie sieht diese Ausbauprozedur aus, wie sieht die Wiederinbetriebnahme aus – eine wunderschöne Unterstützung für den Instandhaltungsfall."

In der Halle 15 der Hannover Messe könnte eine künstliche Hand den Monteur ganz ersetzen, falls zum Beispiel der Montageort durch strahlende oder giftige Substanzen kontaminiert ist. Die Firma Festo entwickelte ihren sogenannten "Exo- Handschuh" ursprünglich eine pneumatische Zusatzmuskulatur. Die Handschuhmuskeln lassen sich inzwischen über das Internet fernsteuern, so dass zum Beispiel ein Techniker in Hannover mit seinen Handbewegungen die Schraube einer in Berlin stehenden Maschine festziehen kann, so der Sprecher des Herstellers, Dr. Heinrich Frontzek:

"Was aber neu ist, ist, dass man die Hand am Roboter mit dem Datenhandschuh so in Verbindung bringt, dass tatsächlich das gleiche Gefühl der Finger erzeugt wird bei dem Bediener. Wenn jetzt der Roboter zum Beispiel eine offene Getränkedose in der Hand hält – wir wissen alle, wie dünnwandig solche Dosen sind, man kann die sehr leicht zerdrücken oder sie rutschen durch, wenn man sie nicht fest genug hält, es ist ein ganz kleiner Bereich, in dem die Dose unbeschadet transportiert wird – und genau das können wir mit einem solchen System, die Haptik, die Feinmotorik, die Kraftsensibilität der menschlichen Hand. Deswegen sage ich immer, wir müssen von der Natur lernen, um das auf die Technik zu übertragen – das ist hier gelungen."
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